"Umweg Apotheke" fällt weg Corona-Medikament direkt vom Hausarzt - Lauterbach geht bei Paxlovid in die Offensive
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Obwohl Studien dem Corona-Medikament Paxlovid eine hohe Wirksamkeit bescheinigen, ist das Mittel bislang ein ziemlicher Ladenhüter. Gründe liegen vermutlich in den potenziellen Neben- bzw. Wechselwirkungen. Gesundheitminister Lauterbach ist dennoch von Paxlovid überzeugt und forciert die Ausweitung des Einsatzes.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will den Stellenwert des Corona-Medikaments Paxlovid erhöhen. Neben der Impfung soll es bei der Pandemie-Bekämpfung künftig als zweite Säule dienen. Aus diesem Grund dürfen Hausärzte das Mittel ab sofort in ihren Praxen vorrätig halten und direkt an Corona-Patienten abgeben, so Lauterbach im Magazin "Der Spiegel". Der Umweg über Apotheken sei damit nicht mehr notwendig.
Des Weiteren solle jedes Pflegeheim in Deutschland neben einem Impf-Beauftragten auch einen Paxlovid-Beauftragten ernennen, der sich um alle Angelegenheiten rund um das Corona-Medikament kümmert. Und auch dort solle künftig ein Vorrat des Medikaments gelagert werden dürfen, damit es schnell eingesetzt werden könne, so Lauterbach weiter.
Zulassung seit Januar 2022
Das Medikament, welches vom US-Pharmakonzern Pfizer hergestellt wird, hat seit Januar 2022 eine bedingte Zulassung von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA).
Generell wird Paxlovid für Patienten empfohlen, die nicht schwer krank sind, aber ein hohes Risiko für eine Krankenhauseinweisung haben - etwa wegen ihres Alters. Die Tabletten enthalten Wirkstoffe, die die Vermehrung des Virus im Körper hemmen sollen. Das Mittel soll binnen fünf Tagen nach Auftreten von Symptomen eingenommen werden - also in der Frühphase der Erkrankung.
Studie liefert überzeugende Ergebnisse zur Wirksamkeit
Einer Studie zufolge senkt Paxlovid das Risiko für eine Einweisung ins Krankenhaus im Vergleich zu einem Placebo um fast 90 Prozent. Gesundheitsminister Lauterbach ist von der Wirkung des Medikaments überzeugt, von deutschen Hausärzten wurde es bislang allerdings zurückhaltend verschrieben.
An knappen Vorräten kann es nicht liegen: Das Bundesgesundheitministerium hat nach eigenen Angaben eine Million Dosen Paxlovid eingekauft. Bis Mitte August wurden laut Redaktionsnetzwerk Deutschland lediglich 30.000 Dosen davon verschrieben. Diese Zahlen sollen durch die neuen Befugnisse der Hausärzte, und eine Vergütung von 15 Euro pro Paxlovid-Verordnung, steigen.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Was zu beachten ist: Die Verwendung von Paxlovid kann Nebenwirkungen hervorrufen. Zu ihnen zählen die Beeinträchtigung des Geschmackssinns, Durchfall, hoher Blutdruck und schmerzende Muskeln. Schwangeren wird das Medikament gar nicht empfohlen.
Von Patienten mit schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen dürfe Paxlovid nach Angaben der EMA auch nicht eingenommen werden. Zudem gibt es Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten. Eine Liste dazu gibt es hier beim Robert Koch-Institut.
Covid Rebound nach Paxlovid-Therapie
Ein weiterer Umstand, der bislang dazu beigetragen haben könnte, dass wenig Paxlovid verwendet wurde, ist der sogenannte Covid-Rebound. Dabei kehrt eine Covid-Erkrankung kurz nach der Therapie mit Paxlovid wieder zurück. Die US-Gesundheitsbehörde CDC sieht das sehr seltene Phänomen, das auf weniger als fünf Prozent der Patienten zutrifft, gelassen.
Es trete gewöhnlich zwei bis acht Tage nach einer anfänglichen Genesung auf, schrieb sie im Mai 2022. Eine spezielle Therapie sei dann nicht nötig, man solle sich jedoch für fünf Tage in Isolation begeben.
Rebound-Ursache unklar
Warum Covid-19 nach anfänglicher Genesung wieder zurückkehren kann, ist ungeklärt - auch weil es so selten passiert. Bernd Salzberger vom Uniklinikum Regensburg verweist als mögliche Ursache darauf, dass das Mittel das Coronavirus nicht abtötet.
"Das Medikament wirkt nicht wie ein Antibiotikum", so der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.
(BRISANT/dpa/afp/reuters)
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 26. August 2022 | 17:15 Uhr