Kunsthalle im Lipsiusbau Fotoausstellung in Dresden zeigt Angela Merkel – in Echt und als Double
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Andreas Mühe ist Fotograf und hat Bundeskanzlerin Angela Merkel schon auf mehreren Reisen fotografierend begleitet. Eine Ausstellung im Dresdner Lipsiusbau zeigt nun diese Bilder – zusammen mit vermeintlichen Fotos von Merkel, die Mühe mit seiner Mutter inszeniert hat. Fiktion und Realität dicht an dicht. Michael Ernst hat die Schau für MDR KULTUR gesehen und mit Andreas Mühe (dem Sohn von Schauspieler Ulrich Mühe) darüber gesprochen.
Der 41-jährige Fotograf Andreas Mühe, geboren im damaligen Karl-Marx-Stadt, hat 16 Jahre Amtszeit von Angela Merkel erlebt. Nicht nur die gemeinsamen Initialen verbinden Politikerin und Künstler. Das omnipräsente Bild von Angela Merkel prägte sein Leben, sagt Mühe, es sei ein Grundvertrauen beziehungsweise Grundrauschen an Bildern für ihn geworden.
Inszenierung der Macht
Auf etwa fünf Reisen hat Mühe Merkel offiziell begleitet, in Deutschland, den USA, aber auch bis nach Indien. Und immer wieder ist ihm die Inszenierung der Realität aufgefallen, die zur Schau gestellten Bilder der Macht. Der Künstler sagt dazu: "Ich habe das gezeigt, was mich interessiert hat, oder ich habe das gezeigt, was mich an Fotografie interessiert und fasziniert. Dieses Spiel mit der Glaubhaftigkeit."
Das hätte man mit jedem x-beliebigen medien-öffentlichen Menschen machen können, sagt Mühe, doch es ist aus seiner Sicht wichtig, dass man die Bilder mit einer Person macht, die streitbar und bekannt genug ist. Denn erst dann können sich alle "darüber aufregen oder dran verzweifeln oder sich dran erfreuen".
Merkel in Echt und als Double
Mühes Bilder erschienen im Stern, im Spiegel, in der Zeit. Es sind immer wieder Momentaufnahmen. Die Zeit in ihrer Ambivalenz zwischen Gegenwart und Vergangenheit beschäftigt ihn: "In dem Moment, wo ich ein Bild mache, ist es ja schon Vergangenheit. Und das Medium an sich versucht, Zeit festzuhalten, also die Zeiten sind sehr merkwürdig und ich finde, viel zu aggressiv."
Die in der Kunsthalle im Lipsiusbau Dresden gezeigten Aufnahmen hingegen strahlen eine ikonografische Ruhe aus. Mühe zeigt Merkel mal im politischen Zeremoniell, mal in der Hektik des eng terminierten Alltags – und dann ganz überraschend im Bonner Swimmingpool, auf dem einstigen Bett von Helmut Kohl. Versonnen sitzt sie im Gegenlicht, berührt die Wände, putzt die Fenster – es ist ein Merkel-ähnliches Double, das immer nur von hinten zu sehen ist.
Der Kanzlerbungalow ist der entfernteste Planet für Frau Merkel, die aus dem Osten kommt, die 16 Jahre Berlin bestimmt hat, also weiter kann man sie gar nicht wegschicken, auf vielen Ebenen.
Diese Vermischung von Realität und Fiktion macht den großen Reiz der Ausstellung aus, deren Titel ein originales Merkel-Zitat ist: "Alles was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist."
Reise quer durch Deutschland
Nacherlebbar ist auch eine Deutschland-Reise mit Mühes Mutter als Merkel. Es geht zu historische Orten von Hamburg über die Uckermark bis Stuttgart Stammheim, von Kap Arkona bis zur Zugspitze. Mühe spielt mit den Möglichkeiten, wie es – auch – hätte gewesen sein können, und verführt damit sein Publikum.
Es so ein bisschen wie eine New-York-Reise. Man fliegt nach New York und denkt, das habe ich alles schon mal gesehen. Diese Bilder, die rund um das Kanzleramt und Kanzlerbungalow, die ja in Bonn unmittelbar nebeneinanderliegen, das hat man irgendwie so verinnerlicht. Grundsätzlich, es gibt keinen ferneren Ort, um in Rente zu gehen, als den Kanzlerbungalow für Angela Merkel.
Wie überzeugend diese fiktiven Fotografien von Andreas Mühe sind, beweist wohl am besten ein Dementi des Bundeskanzleramts: Sie hätten nichts damit zu tun, hieß es.
Die Ausstellung
"Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist"
Fotoserie von Andreas Mühe zur Kanzlerin
Kunsthalle im Lipsiusbau auf der Brühlschen Terrasse
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
10. Juli bis 29. August 2021
Öffnungszeiten
täglich 10-17 Uhr, Montag geschlossen
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 10. Juli 2021 | 08:40 Uhr