"Photography. Landscapes – Signs of Change" Ausstellung in Dresden: Olaf Otto Becker – Fotograf des Klimawandels
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Seit mehr als 30 Jahren reist der Fotograf Olaf Otto Becker um die Welt, um die Folgen des Klimawandels zu dokumentieren. Die Ausstellung "Photography. Landscapes – Signs of Change" in den Technischen Sammlungen Dresden zeigt nun eine Auswahl seiner Fotografien: Diese spiegeln nicht nur die Schönheit der arktischen Landschaften, sondern auch deren Vernichtung infolge der Erderwärmung. So zeigen Beckers Bilder tauende Permafrostböden in Sibirien oder eine Insel, die in 100 Jahren verschwunden sein wird.
Die Ausstellung "Photography. Landscapes – Signs of Change" zeigt Bilder von Olaf Otto Becker, einem der renommiertesten Fotografen Deutschlands. In der Schau in den Technischen Sammlungen Dresden sind 69 meist großformatige Werke des Künstlers zu sehen.
Fotografische Dokumentation des Klimawandels
Der 1959 geborene und heute in Bad Tölz lebende Fotograf unternimmt seit 30 Jahren Expeditionen in Gegenden unserer Erde, die vom Klimawandel betroffen sind – häufig allein, manchmal mit Wissenschaftlern und Umweltaktivistinnen. Seine mehrfach ausgezeichneten Bildserien und Fotobücher sind in aller Welt zu sehen und fanden Eingang in bedeutende Sammlungen, darunter das Metropolitan Museum of Art und die Kunstsammlung des Deutschen Bundestages.
So fotografiert Becker aus dem Permafrostboden der Steilküste auf einer Insel vor Sibirien heruntergebrochene Blöcke. Beim Abschmelzen der Eiskeile im Boden fügen sich die wurzeldurchwachsenen Erdreste zu bizarren Figurationen, die aussehen wie von Menschenhand geschaffene Skulpturen – und doch Schöpfungen der sich verändernden Natur selbst sind.
Becker beschreibt, wie aufwendig es ist, solche Fotomotive zu erreichen: "Das ist die Küste bei Muostakh, eine kleine Insel im Buor-Khaya-Golf in Sibirien. Ich habe die Aufnahme im August 2019 gemacht. Um dahinzukommen, musste ich mir ein kleines Boot chartern. Das war sehr schwierig in diesem Gebiet, das auch militärisches Absperrgebiet ist." Spätestens in 100 Jahren wird die kleine Insel verschwunden sein, befürchtet der Fotograf.
Abgewirtschafteter Planet als Erbe
Auch an anderen Orten in Sibirien dokumentiert Becker die Veränderungen, zum Beispiel in der einstigen Hafenstadt Tiksi, die mit dem Ende der Sowjetunion ihren Niedergang erlebte. Heute ist es eine Geisterstadt, in deren Industriebrachen und aufgegebenen Kulturbauten die Kinder der wenigen verbliebenen Bewohner spielen. "Diese Stadt war mal florierend", sagt Becker. Es ist der Kontrast dieser kaputten Stadt und der spielenden Kinder, der den Fotograf interessiert hat.
Das ist für mich sinnbildlich für diese Situation, die auch Fridays for Future so beklagt, dass wir der nächsten Generation einen abgewirtschafteten Planeten übergeben.
Doch aufgrund der Klimaerwärmung könnte Tiksi wieder ein bedeutender Handelsort im Nordpolargebiet, an der Passage zwischen Atlantik und Pazifik werden – eine Gewinnerin des Klimawandels.
Detailreiche Aufnahmen voller Erhabenheit und Schönheit
Seit mehr als 30 Jahren fotografiert Becker Gegenden, die nicht an den üblichen Reiserouten liegen. Er dokumentiert Landschaften, die bereits jetzt auf den Klimawandel besonders empfindlich reagieren oder die symptomatisch für den fortgesetzten Raubbau an den Georessourcen stehen.
Was ihn dazu bringt: "Das ist eines meiner Grundthemen: ich beschäftige mich mit dem, was aus sich selbst heraus entsteht und dem, wie wir diese Dinge beeinflussen. Und wie wir diese Landschaft weiter formen oder verändern, das sagt etwas über uns aus. Und die unberührte Landschaft sagt etwas über das Gehen und Vergehen, das Kommen und Gehen grundsätzlich aus."
Es sind nicht immer Bilder, die uns den Schrecken in die Glieder fahren lassen, sondern oft großformatige detailreiche Aufnahmen voller Erhabenheit und Schönheit. Magische Lichtstimmungen umhüllen die Eisberge Grönlands, die sich im Wasser spiegeln. Der Ernst der Lage wird oft erst deutlich, wenn man die präzisen Situationsbeschreibungen in den beigegebenen Texten liest.
Erschreckende Veränderungen
Hunderte Kilometer war Becker auch im grönländischen Inlandeis unterwegs, dort wo die Sonne Löcher ins Eis brennt, besonders tief an Stellen mit Staub- und Rußablagerungen. Und Flüsse unter dem Eis entstehen, die im Nirgendwo verschwinden und die immer zahlreicher werden. "Als ich mit renommierten Wissenschaftlern auf dem Inlandeis in Grönland war und die die Daten heruntergeladen haben, da waren sie selbst so erstaunt über die starken Veränderungen in den Jahren. Das hat mich natürlich auch erschreckt."
Beckers neuere Arbeiten thematisieren die Schönheit der Primärurwälder in den Tropen und Subtropen – aber vor allem auch ihre großflächige Abholzung durch Papierkonzerne, Palmölproduzenten und den Tropenholzhandel. Es ist ein lukratives Geschäft, illegal beziehungsweise halblegal und oft unter Billigung der Behörden.
Hoffnung statt Fatalismus
Beckers Fotos zeigen oft nur einen Ausschnitt des Desasters, so riesig sind die Flächen. Ein Fatalist ist der aufmerksame Beobachter und Fotograf trotzdem nicht geworden. Die Neugier treibe ihn an und vielleicht auch die Hoffnung, dass seine Bilder, in denen Schrecken und Schönheit so nah beieinander sind, nicht nur als Dokumente und Kunstwerke ihren Wert haben, sondern uns bewegen und erschüttern. Denn die Fakten, exakten Analysen, deutlichen Prognosen und politischen Apelle, an denen es nicht mangelt, reichen offenbar nicht aus.
Die Ausstellung
Olaf Otto Becker. Photography – Landscapes. Signs of Change
17. Oktober 2021 – 13. März 2022
Technische Sammlungen Dresden
Junghansstraße 1-3, 01277 Dresden
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 9 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Am 26. und 27. November ist der Fotograf Olaf Otto Becker in Dresden zu einer Präsentation und einer Diskussionsrunde zum Thema "Klimawandel und Kunst" in den Technischen Sammlungen Dresden.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. November 2021 | 18:05 Uhr