"Faszinatur 100" Naturkundemuseum Erfurt feiert 100. Jubiläum mit großen und kleinen Tieren
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Es ist eins der beliebtesten Museen in Thüringen. Von Enthusiasten um den Insektenforscher Otto Rapp initiert und im Oktober 1922 eröffnet, drohte nach dem zweiten Weltkrieg das Aus – bis zum Neuanfang des Naturkundemuseums nach der Wende mitten in der Altstadt von Erfurt. Zum Auftakt des Jubiläumsjahres eröffnet nun eine Schau mit gezeichneten "Tier-Porträts". Weiter gefeiert wird ab Juni in der Kunsthalle Erfurt gleich um die Ecke, dort ist mehr Platz für die ganz großen Tiere und andere Schätze aus dem Depot.

Das Naturkundemuseum Erfurt startet am Freitag mit einer "Tierporträt"-Ausstellung ins Jubiläumsjahr. Die Zeichnungen von Helene Rimbach werden bis Ende April in der Großen Arche 14 zu sehen sein. Damit bekommt eine junge Künstlerin aus Thüringen ihren ersten großen Auftritt. Kurator Christoph Unger lobt die erstaunliche Vielfalt ihres Könnens.
Von 2010 bis 2020 besuchte sie die Kinder- und Jugendkunstschule in Bad Liebenstein. Heute studiert die 19-Jährige Architektur in Weimar. Auch für den im Frühjahr erscheinenden Thüringer Brutvogelatlas malte die Tochter eines Ornithologen das Titelmotiv.
"Faszinatur 100": Jubiläumsschau in der Erfurter Kunsthalle
Nicht nur im eigenen Haus begeht das Museum den 100. Geburtstag, der unter dem Motto "Faszinatur 100" steht. Da das eigene Gebäude mitten in der Altstadt zu klein ist, wird es eine tierische Show in Kooperation mit der nahe gelegenen Kunsthalle am Fischmarkt geben. Präsentiert werden sollen dort ab 10. Juni beispielsweise Großpräparate in einem "Zug der Tiere".
Meisterhafte Tierpräparate und Forschung im Himalaya
In der Jubiläumsschau in der Kunsthalle werden außerdem Sammlungsbereiche wie Geologie, Insekten-, Vogel- oder Säugetierkunde vorgestellt. Einblicke gibt es in die Arbeit etwa der Tierpräparation. Informiert wird über bedeutende historische Sammler oder auch die langjährige aktuelle Forschungsarbeit im Himalaya. Dort betreibt das Museumsteam unterstützt vom Verein der Freunde und Förderer des Naturkundemuseums Erfurt e.V. ein Forschungsprojekt zur Biodiversität. Die Jubiläumsschau läuft bis 23. Oktober.
"Geschichte und Geschichten" aus 100 Jahren im Naturkundemuseum Erfurt
Am angestammten Ort im Naturkundemuseum in der Großen Arche 14 werden ab 1. Juli "Geschichte und Geschichten" auch kurioser Art anhand von Schätzen und historischen Präparaten aus den Sammlungen erzählt. Die Sonderschau soll bis 13. November zu sehen sein.
Gegründet von Enthusiasten um den Insektenforscher Otto Rapp
In der Großen Arche 14, einem historischen Gebäude aus dem Jahr 16. Jahrhundert unweit des Domplatzes, residierte das Naturkundemuseum nicht von Anfang. Eröffnet wurde es am 29. Oktober 1922 im "Haus zum Stockfisch" in der Johannesstraße. Engagiert hatte sich dafür seit 1919 eine Arbeitsgemeinschaft Gleichgesinnter um den Lehrer und Insektenforscher Otto Rapp (1878-1953).
Stichwort: Sammlungen des Erfurter Naturkundemuseums
* Unter den zoologischen Sammlungen ist die Insekten- Sammlung mit etwa 350.000 Tieren in mindestens 20.000 Arten die umfangreichste.
*Vorwiegend als "Nasspräparate" werden etwa 4.500 Amphibien und 800 Reptilien aufbewahrt.
*Die etwa 4.000 Exemplare umfassende Vogelsammlung enthält neben Vogelbälgen, Skeletten und Eiern auch Gewebeproben für genetische Untersuchungen.
*Die botanische Sammlung umfasst etwa 12.500 Pflanzen, darunter fast alle Arten Thüringens.
*Etwa 15.000 Fossilien umfasst die paläontologische Sammlung, darunter präparierte Fossilplatten.
*Zu den Sammlungen gehört auch eine mit 7.000 Mineralen, vorwiegend von deutschen Fundorten.
Sammlung kriegsbedingt ausgelagert und fast vergessen
Einen großen Einschnitt bedeutete der zweite Weltkrieg, 1943 wurden die meisten Bestände in umliegende Dörfer ausgelagert, wie das Museum in seiner Chronologie informiert. Nach Kriegsende wurde die Sammlung nur noch ehrenamtlich betreut, 1968 das Haus ganz geschlossen. Viele Exponate litten unter der erneuten Auslagerung in feuchte Keller oder auf Dachböden. Erst ab 1980 entstand ein "Drehbuch für das neue Haus", drei Mitarbeitende säuberten dazu mühevoll das Museumsinventar in einem beengten Interim ohne Ausstellung.
Neuanfang im Waidspeicher - und bald wieder andernorts?
Nach der Wende wurde der Neuaufbau in der Ruine des Waidspeichers in der "Großen Arche" beschlossen. Dort eröffnete das Museum am 4. März 1995. Die Dauerausstellung widmet sich Tieren, Pflanzen und Gesteinen Thüringens. Zuletzt widmeten sich Sonderschauen aktuellen Themen wie dem Insektensterben, dem illegalen Vogelfang in Europa oder erforschten unter dem Titel "Jäger auf leisen Sohlen. Die Faszination Katze".
Das Haus selbst, in den Neunzigerjahren noch für sein innovatives Konzept gefeiert, ist inzwischen auch schon wieder überholungsbedürftig. Ob es saniert wird oder auf den Petersberg umzieht, ist noch nicht geklärt.
Naturkundemuseum Erfurt: Service-Infos
Naturkundemuseum Erfurt
Große Arche 14
99084 Erfurt
Die Ausstellung der Künstlerin Helene Rimbach ist bis 24. April zu sehen.
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr | Jeder 1. Dienstag im Monat eintrittsfrei.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 11. Februar 2022 | 08:30 Uhr