Sachsen-Anhalt Magdeburger Kunstszene will die Innenstadt beleben
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In Magdeburg tut sich was in der Kunstszene: Die kommerzielle Fabra Ars-Galerie ist unlängst ins Zentrum der Stadt an den Ulrichplatz gezogen und bietet dort Kunst aus dem Umfeld der Leipziger Schule an. Auch die seit 16 Jahren in Magdeburg existierende HO-Galerie eröffnet am 12. August am Ulrichplatz neue Räume. Damit ist die kurze Fußgängerzone so etwas wie eine Kreativmeile geworden, wo man nicht nur Eis essen, sondern auch Kunst kaufen kann – ein Zeichen von Aufbruch in der Szene.

Wer kauft schon Kunst in Magdeburg? Das konnte man vor ein paar Jahren noch flapsig fragen. Denn weil es in der Landeshauptstadt keine Kunsthochschule gibt, haben sich auch kaum Galerien angesiedelt. Bis heute kann man sich nicht mit Leipzig, Erfurt oder Halle messen, dennoch tut sich was, findet Tatyana Nindel, die mit ihrer Fabra Ars-Galerie vor kurzem an den Ulrichplatz gezogen ist. Magdeburg sei ganz hungrig nach Galerien, da es bislang noch nicht so viele gegeben habe, sagt sie weiter. Ihre sei "im Prinzip die erste kommerzielle Galerie", wie es sie in Leipzig und Berlin zu Tausenden gibt.
Verbindungen zur Leipziger Schule
Nindel hat Germanistik studiert und lebt in Zerbst. Über Umwege ist sie zur Kunst gekommen und hat ein starkes Netzwerk nach Leipzig und zum Umfeld der Leipziger Schule aufgebaut. Momentan stellt sie Werke von Christian Bussenius aus. Der gebürtige Magdeburger war Schüler von Neo Rauch und Arno Rink, auch er malt menschliche Figuren im Raum, ansprechend mit entsprechender Käuferschaft, sagt Nindel. Wobei die Pandemiezeiten natürlich sehr speziell waren, mit Downs und Ups.
Es sei nicht leicht, besonders wenn man durch Corona sechs Monate Miete zahlen musste, ohne eröffnen zu können, klagt Nindel – freut sich aber zugleich: "Nachdem wir wieder eröffnen durften, habe ich so viele Bilder verkauft wie noch nie." Als Grund für die Kauflust sieht sie, dass die Menschen durch den langen Lockdown gar keine Möglichkeiten hatten, Geld auszugeben.
HO-Galerie nun auch in Magdeburgs Zentrum
Auch die HO-Galerie hat bereits ihren Kundenstamm. Sechzehn Jahre war sie in der Peripherie Magdeburgs, im Stadtteil Westerhüsen angesiedelt. Doch nun geht’s ins Zentrum, freut sich Volker Kiehn, selbst Künstler und Mitstreiter des Vereins, der die Galerie betreibt. Er benennt zwei Gründe für den Umzug: Zum einen werden die Galerieräume in Westerhüsen aufgrund eines Umbaus nicht mehr zur Verfügung stehen, zum anderen kann man in der neuen Lage natürlich mehr Leute erreichen.
Entsteht hier eine Kunstmeile?
Letztlich hat den Umzug wohl auch die Pandemie möglich gemacht, denn etliche Boutiquen sind Pleite gegangen und dadurch wurden auch in Top-Lagen Geschäftsräume frei – dank der Wohnungsbaugenossenschaft auch für die Künstler. Zumindest vorübergehend, beschreibt Kiehn die Lage: "Wir haben das jetzt relativ günstig bekommen, einen relativ guten Vertrag mit der WOBAU abgeschlossen." Allerdings sei unklar, wie lange es weitergehe: "Wenn hier ein potenter Mieter reinkommt, dann sind wir natürlich raus."
Und so hofft der Künstler, dass die Räumlichkeit möglichst lange für die HO-Galerie zur Verfügung steht. Das wäre vielleicht der Beginn einer kleinen Kunstmeile, die wiederum die Szene beleben könnte.
Galerien wollen sich keine Konkurrenz machen
Insofern begreift man sich auch nicht als Konkurrenz. Gerade wenn man die Termine für Vernissagen abspricht, kann man ein noch größeres Publikum generieren – in Berlin und Leipzig ist das üblich, wie Kiehn beschreibt: "Es gibt quasi einen Rundgang dort, da machen alle Galerien am selben Tag auf: Frühjahrs- und Herbsteröffnung. Und dann treffen sich die Leute zum Kunstevent und gehen dann rum. Da werden die neusten Werke, die die Künstler über den Winter und Sommer produziert haben, gezeigt – und hoffentlich auch verkauft."
So profitieren die Künstler – aber auch das Umfeld. Denn was man woanders lange verstanden hat, kommt in Magdeburg gerade an: Galerien beleben die Innenstädte. Nicht Drogerien und Versicherungen laden zum Schlendern ein – sondern eine interessante Schaufensterkultur. Wie schön also, wenn nun Passanten am Ulrichplatz nicht nur ein Eis kaufen, sondern auch vor der Kunst verweilen können.
Es geht nur, wenn Menschen Kunst kaufen
In der HO-Galerie ist das eine spannende Mischung: Skulpturen, Malerei, Keramik oder Grafik – nicht gefällig, aber hoffentlich trotzdem interessant auch für Käufer, sagt Kiehn. Nur dann könne das Konzept funktionieren.
Wir haben uns ein kleines Polster geschaffen. Damit werden wir die ersten zwei, drei Monate durchkommen. Danach muss das hier laufen. Also kauft Kunst!
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. August 2021 | 06:10 Uhr