"Das Mädchen mit den goldenen Händen" Corinna Harfouch überzeugt in Familiendrama über den Ausverkauf der DDR
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In ihrem Langfilmdebüt "Das Mädchen mit den goldenen Händen" erzählt Regisseurin Katharina Marie Schubert von einer komplizierten Mutter-Tochter-Beziehung vor dem Hintergrund des Ausverkaufs der ostdeutschen Provinz nach dem Ende der DDR. Im Mittelpunkt: Die in Suhl geborene Corinna Harfouch als eine Frau, die krampfhaft an der Vergangenheit festhält. Ihr Gegenüber: Der gebürtige Chemnitzer Jörg Schüttauf als Bürgermeister mit Ambitionen. Der Film ist ab dem 17. Februar im Kino zu sehen.
Gudrun mag keine Feiern. Und doch sorgt sie akribisch dafür, dass für ihren 60. Geburtstag alles perfekt ist: Die Rede, die ihre Tochter Lara vorbereitet hat, schreibt sie lieber selbst. Auch ihr Mann Werner darf keinen Finger rühren. Die Tische stehen längst gedeckt in Reih und Glied im alten Herrenhaus, das einst ihr Zuhause war – ein Kinderheim, damals in der DDR. Doch das ist zehn Jahre her, und das Haus steht lange leer. Als Bürgermeister Jens ihr gesteht, dass es an einen Investor aus dem Westen verkauft werden soll, geht Gudrun auf die Barrikaden.
Mit "Das Mädchen mit den goldenen Händen" schrieb und inszenierte die Schauspielerin Katharina Marie Schubert ("Ein Geschenk der Götter") ihr bemerkenswertes Langfilmdebüt. Schubert, die in Niedersachsen aufwuchs, erzählt von geplatzten Träumen und Enttäuschungen der Nachwendezeit. "Ich mag die Filme der neuen rumänischen Welle – Christian Mungiu, Radu Jude. Filme wie '4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage' oder der Berlinale-Gewinner 'Bad Luck Banging Or Loony Porn'. Ich mag, wie sie von den Überresten einer Diktatur aus der Sicht der Menschen erzählen."
Der Film erzählt von einer Art seelischer Not, wie wir sie auch in der Pandemie erleben. Dass alles ins Wanken gerät, was man für richtig oder für falsch gehalten hat.
Wie Märchen und DDR zusammenspielen
Aus deutscher Perspektive erschien es ihr schlüssig, die unverarbeitete Geschichte der Wende als Hintergrund zu wählen. Ein Thema, das bis in die Gegenwart reicht: "Der Film erzählt von einer Art seelischer Not, wie wir sie auch in der Pandemie erleben. Dass alles ins Wanken gerät, was man für richtig oder für falsch gehalten hat. Gudrun hat sich in diese fixe Idee verrannt, dieses Kinderheim zu retten, und sie kann nicht mehr da raus. Was für Nöte und Verfestigungen da entstehen, darüber erzählt dieser Film, und das gilt nicht nur für den Zusammenbruch des Sozialismus", fasst Schubert den Kern des Films zusammen.
Die Annäherung zwischen der kontrollsüchtigen Mutter und der Halt suchenden Tochter, davon erzählt Schubert in Szenen, die immer wieder überraschen. Den Titel "Das Mädchen mit den goldenen Händen" entlehnte die Filmemacherin einem wenig bekannten Märchen der Gebrüder Grimm: "Märchen spielten in Deutschland ja immer eine große Rolle und waren nicht zuletzt auch in der DDR beliebt. Dabei transportieren sie viele Wahrheiten. Im Film geht es auch darum, wieviel von der Mutter an die Tochter übertragen wird und inwiefern man es schafft, sich von seinen Eltern zu emanzipieren, so dass sie wirklich keine Macht mehr über einen haben."
Großartiges Ensemble um Corinna Harfouch
Getragen wird der Film von einer hervorragenden Besetzung: Von der überragenden Corinna Harfouch, deren Strenge ebenso überzeugt wie die zunehmende Überforderung, bis hin zu einem überzeugend aufspielenden Kleinstadtensemble, zu dem Jörg Schüttauf, Gabriela Maria Schmeide und Ulrike Krumbiegel gehören. Gedreht wurde "Das Mädchen mit den goldenen Händen" in Zeitz, Berlin und Leipzig, kurz bevor die Pandemie das Land zum Stillstand brachte.
Informationen zum Film
"Das Mädchen mit den goldenen Händen"
Ab 17. Februar 2022 im Kino
Regie: Katharina Marie Schubert
In den Hauptrollen: Corinna Harfouch, Jörg Schüttauf, Gabriela Maria Schmeide, Ulrike Krumbiegel u.a.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 17. Februar 2022 | 08:10 Uhr