Der Redakteur | 06.10.2022 Energiesparen: Was lässt sich noch herausholen?
Hauptinhalt
Nach einem Monat Spar-Verordnung: 19 Grad im Büro, Laternen aus und frieren im Hallenbad – was bringt am Ende wirklich was?

Seit einem Monat haben wir die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung, die u.a. für maximal 19 Grad in den Büros sorgt. Welchen Effekt sie hat, lässt sich noch nicht abschätzen, aber der Aufschrei von Bundesnetzagenturchef Klaus Müller war unüberhörbar, die Privathaushalte haben mehr Gas verbraucht als in den Vorjahren, wir müssen deutlich mehr sparen!
Die Woche war zwar deutlich kälter als die Vergleichswoche in den Vorjahren, die zur Vermeidung einer Gasmangellage erforderlichen Einsparerfolge müssen allerdings unabhängig von Temperaturen erzielt werden.
Das Signal des 200-Milliarden-Doppelwumms wird deshalb aus Sicht der Versorgungssicherheit von Experten kritisch gesehen. Ifo-Chef Clemens Fuest sagte in einem Interview mit der Rheinischen Post: "Die größte Gefahr besteht darin, dass die Hilfen die Nachfrage nach Energie in die Höhe schrauben."
Trotzdem warten viele sehnsüchtig darauf, dass sich endlich etwas an der Preisfront tut, nicht nur Privathaushalte. Viele Unternehmen mit ihren oft kurzfristigen Lieferverträgen wissen nicht mehr, wie sie die förmlich explodierten Energiepreise noch stemmen sollen.
Und es sind Unternehmen, auf die wir nicht verzichten können. Beispiel Supermärkte: Die vermeintlichen Riesen und Krisengewinnler stellen sich beim genauen Hinschauen oft als selbstständige regionale Unternehmer heraus, die zwar das große Logo auf der Fassade haben, aber sämtliche Betriebskosten selbst tragen und umlegen müssen, zur "Freude" der Kunden.
Schwierige Suche nach bezahlbaren Energie-Verträgen
Ein Beispiel aus Thüringen: 5.000 Euro alleine für Strom werden jeden Monat fällig, Tendenz stark steigend. Signifikante Einsparmöglichkeiten: keine. Stromlieferanten: auch keinen. Zum 31.Dezember wurde der Vertrag gekündigt, erzählte ein Thüringer Unternehmer MDR THÜRINGEN mit der Bitte um Anonymität und neue bezahlbare Verträge seien schlicht nicht zu bekommen. An seinen Märkten gehen zudem die Sparideen der Bundesregierung auch fast völlig vorbei.
Weil er die Kosten eben schon immer selbst getragen hat, war er auch schon immer sparsam. Schon vor vielen Jahren hat er seine Gefriertruhen geschlossen, die letzten Kühlregale folgen aktuell. Die Türen wurden übrigens schon vor einem Jahr bestellt, sind also keine Reaktion auf die aktuelle Situation. Er heizt wo es geht mit Wärmerückgewinnungsanlagen, hat überall auf LED umgerüstet und könnte nun eigentlich nur noch den Kassiererinnen die Heizung abdrehen. Mit Blick auf den Krankenstand sicher auch nicht die beste Idee.
An den Kühl- oder Gefriertemperaturen darf aus Hygienegründen übrigens nicht gedreht werden. Sehnlichster Wunsch: Man möge in Berlin bitte zügig für Planungssicherheit bei den Preisen sorgen.
Gehen wir baden?
Die Bäderfrage ist auch sehr heikel. Nach dem Absenken der Wassertemperaturen sind offenbar die Menschen quasi zu Nichtschwimmern geworden. Lieber im flachen Nichtschwimmerbecken planschen, als im großen Becken erfrieren. Das ist jedenfalls die Erfahrung von Schwimmbadgängern aus Erfurt.
Die Luft- und Wassertemperatur wurde jeweils um circa 2°C reduziert (z. B. das Schwimmerbecken in der Roland Matthes Schwimmhalle von 27 auf 25 Grad).
Die Schwimmlehrer haben Angst, dass die Schwimmhallen bald wieder komplett schließen müssen, falls das Wasser noch kälter wird. "Optimal sind 26-28 Grad, alles drunter ist ungünstig", sagt Erik Hanold, Landestrainer beim Thüringer Schwimmverband und begründet dies damit, dass die Kinder bei Kälte kaum richtig schwimmen lernen.
Das ist nämlich auch eine Frage der Technik, die nicht sonderlich gut erlernt werden kann, wenn die Muskeln verkrampfen und die Zähne klappern. Oder wenn explizit Beinarbeit geübt wird und der Rest des Körpers dann auskühlt. Und Fortgeschrittene oder Leistungsschwimmer sind bei hohen Geschwindigkeiten im kalten Wasser anfälliger für Muskelverletzungen.
Trotzdem muss irgendwie gespart werden. Zusammen mit der Verkürzung der Laufzeiten der Wasserattraktionen in der Roland Matthes Schwimmhalle und im Nordbad und angepassten Öffnungszeiten in der Sauna, soll der Energieverbrauch um 12 Prozent gesenkt werden. Aber es geht auch anders.
In Freizeitbädern wollen die Besucher es warm
Mit kaltem Wasser brauchen Freizeitbäder wie die Avenida-Therme in Hohenfelden nämlich gar nicht erst auf wirtschaftliche Besucherzahlen zu hoffen. Deshalb ist Inhaber Mark Tom Pösken froh, schon von Beginn an auf viel Technik gesetzt zu haben, auf Wärmetauscher für Luft und Wasser, die die Wärme im Gebäude lassen, auch wenn ein Austausch mit der Außenwelt stattfindet.
Das eigene Blockheizkraftwerk hat er jetzt trotzdem stillgelegt und auf die ebenso vorhandenen Gasthermen umgestellt, weil so deutlich Gas eingespart werden kann. Mit dem Gas hat das Blockheizkraftwerk bisher neben Wärme zwar kostengünstig Strom produziert, aber energieeffizient war das nicht.
Unterm Strich wird es nun teurer, aber es wird Gas frei für 220 bis 230 Haushalte, sagt Mark Tom Pösken nicht ohne Stolz, auch wenn der Strom nun etwas teurer zugekauft werden muss. Über einen kleinen Aufschlag von wahrscheinlich 1,60 Euro auf die Eintrittspreise soll das ausgeglichen werden.
egapark und Danakil – bitte frostfrei durch den Winter
Die Wasserspiele sind der wichtigste Ansatz, Strom zu sparen, sagt egapark-Chefin Kathrin Weiß. Am Ende sollen neben der Optimierung der Pumpen der Wasserspiele, die Wegebeleuchtungen, die Außenbeleuchtung des Aussichtsturms, der Schriftzug egapark und eine LED-Umrüstung in der Verwaltung eine Stromersparnis von 12 Prozent bringen.
Für das erdgasbetriebene Blockheizkraftwerk, das im Danakil und im Gewächshaus für tropische Temperaturen sorgt, gibt es für den Fall einer Erdgasmangellage einen Öl-Notbetrieb und auch sonst wird geschaut, welche Temperaturen wirklich nötig sind, damit die empfindlichen Lebewesen aus Flora und Fauna den Winter schadlos überstehen. Die Mitarbeiter werden als robuster eingeschätzt und dürfen wie alle anderen auch bei maximal 19 Grad arbeiten.
Wie geht sparen bei Fernwärme?
Bei unserem Crashkurs Thermodynamik erfahren wir zuerst, dass die Gas-Spar-Idee, einfach mal so die Vorlauftemperatur eines Heizkraftwerkes abzusenken, nicht funktioniert. Hier steht die Physik im Weg, erklärt Kay Eberhardt, Bereichsleiter Technik der SWE Energie GmbH.
Solange der Kunde nämlich dieselbe Wärmeleistung anfordert, indem er sein Heizkörperventil weiterhin auf 23 Grad einstellt, muss bei einer geringeren Vorlauftemperatur mehr heißes Wasser zu ihm transportiert werden, um die gleiche Wärmemenge im Wohnzimmer abzuliefern. Bis dann eben das Thermostat einschätzt, es ist warm genug und dicht macht.
Es kann im Extremfall zum hydraulischen Kollaps führen, wenn wir einfach die Vorlauftemperaturen reduzieren. Das heißt, eine Einsparung kann nur beim Kunden erfolgen.
Im Prinzip arbeitet das ganze System wie eine Gasheizung eines Einfamilienhauses, die Heizung passt sich an den Bedarf an, wenn weniger abgenommen wird, wird auch weniger Wärme produziert. Natürlich schaltet die Gasturbine nicht ab, wie die Heizung, aber die Regel, ein Grad kälter = sechs Prozent Heizkosten gespart, die gilt auch für Fernwärmekunden.
MDR (csr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 06. Oktober 2022 | 15:10 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/510101d1-9e58-452b-9184-d46913730109 was not found on this server.