"Blue Whale Challenge" Ein Beispiel für das Versagen der Medien?
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Angeblich kursiert ein Trend im Netz, der vor allem Jugendliche anspricht: Ein perfides "Spiel", das Kindern 50 Tage lang Aufgaben stellt: nächtliche Unternehmungen, Mutproben, Selbstverletzungen. Bis hin zur letzten Aufgabe: dem Suizid. Die Existenz des Spiels ist nicht bewiesen – dennoch haben zahlreiche Medien relativ unkritisch darüber berichtet. Und das hat Folgen.

Es liest sich wie eine Gruselgeschichte und geistert seit Monaten durch das Netz. Fotos zeigen aufgeritzte Arme mit Walsymbolen, Videos untermalen mystisch schwebende Wale mit düsterer Musik. Und Medien berichten von einem Spiel, das Kinder in den Selbstmord treibt. Gesehen hat dieses Spiel noch niemand und doch scheint es allgegenwärtig. Die Polizei warnt, Eltern geraten in Panik, Jugendliche schicken sich gegenseitig Kettenbriefe auf WhatsApp, die auf das Spiel aufmerksam machen. Auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken findet der Hashtag #bluewhale oder #blauerwal mehr und mehr Anklang. Faszinierte Jugendliche treffen sich in Gruppenchats, sinnieren über den Suizid und fragen nach einem Link, der sie zu dem angeblichen Spiel leiten soll. Ein beunruhigender "Trend" - an dem Medien nicht ganz unschuldig sind.
Denn für sie ist dieses Thema gleich mehrfach von Bedeutung.
Es geht um ein Tabuthema. Über Suizid soll "zurückhaltend" berichtet werden. Ohne Details, ohne Namen, ohne Heroisierung der Verstorbenen. So steht es im Pressekodex. Doch wer hält sich daran?
Es geht um ein nicht bestätigtes Gerücht. Bilder, Indizien und Berichte finden sich in Scharen. Ihre Verifizierung gestaltet sich schwierig. Verzichtet man in diesem Fall also lieber auf die Berichterstattung, um die Entstehung von "Fake News" zu vermeiden?
Es ist Clickbaiting vom Feinsten. Die Thematik lässt aufhorchen und verleitet zum Weiterlesen. Also gerade für Onlinemedien, die sich über Werbung finanzieren: Pures Geld.
Was also tun? Wie geht verantwortungsvolle Berichterstattung bei einem solch sensiblen Thema? Wie lässt sich ein Nachahmungseffekt verhindern? Was tun gegen Medien, die sich nicht an den Pressekodex halten? Und wie vermittelt man Jugendlichen Medienkompetenz, um sie auf solche Herausforderungen vorzubereiten?
In einer Reihe von Experteninterviews ist MEDIEN360G diesen Fragen auf den Grund gegangen. Dabei ist eine medienpädagogische und medienkritische Auseinandersetzung mit der "Blue Whale Challenge" entstanden - exemplarisch dafür, welche Verantwortung Medien haben und wie sie mit ihr umgehen.