Bundesverfassungsgericht Wichtige Fragen und Antworten zur Bundesnotbremse
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War die Bundesnotbremse mit dem Grundgesetz vereinbar? Dieser Frage ist das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nachgegangen. Am Dienstag hat es seine Entscheidungen dazu veröffentlicht. Konkret ging es um Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sowie Schulschließungen - hier entschied das Gericht, dass die Maßnahmen verfassungsgemäß waren.

Wie kam es zur Bundesnotbremse?
Welche Maßnahmen die Bundesländer zur Eindämmung einer Pandemie wie Covid-19 ergreifen können, regelt das Infektionsschutzgesetz. Grundsätzlich entscheidet aber jedes Bundesland für sich, ob und unter welchen Voraussetzungen es diese anwendet.
Ende April dieses Jahres beschloss der Bundestag mit der Mehrheit von CDU und SPD aber eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes und führte die bundeseinheitliche Notbremse (auch Bundesnotbremse genannt) ein.
Dadurch sollte bei weiter steigenden Infektionszahlen ein Flickenteppich an Maßnahmen vermieden werden. Künftig galt: Überschreitet die Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen einen bestimmten Wert, gelten dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche, bundeseinheitliche Maßnahmen.
Was regelte die Bundesnotbremse?
Ab einer Inzidenz von 100 waren private Treffen zu Hause oder in der Öffentlichkeit nur noch mit einer haushaltsfremden Person erlaubt. Zudem galt von 22 Uhr bis 5 Uhr eine Ausgangssperre gegen die nur im Notfall - für dienstliche Zwecke oder zum Gassi gehen mit dem Hund etwa - verstoßen werden durfte. Zudem war es erlaubt, sich zwischen 22 Uhr und 24 Uhr allein draußen zu bewegen. Gruppensport mit mehr als zwei Personen war auch tagsüber nicht gestattet. In Bus und Bahn sowie Taxen galt die Maskenpflicht.
Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Veranstaltungsorte wie Theater, Konzerthäuser oder Kinos mussten schließen. Restaurants durften Speisen nur noch außer Haus verkaufen und in Hotels konnten nur noch Geschäftskunden übernachten. Der Friseurbesuch war nur mit negativem Coronatest und Maske möglich. Kosmetikstudios mussten hingegen ebenfalls schließen.
Weiterhin öffnen durften Geschäfte des täglichen Bedarfs, unter anderem Supermärkte, Drogerien und Tankstellen. Dazu zählten aber auch Blumenläden und Gartenmärkte sowie Buchhandlungen. Allerdings mussten Abstände eingehalten werden, weshalb sich nur eine bestimmte Anzahl an Personen gleichzeitig in diesen Läden aufhalten durfte. Für den Einkauf in allen anderen Geschäfte war es notwendig, vorab einen Termin zu vereinbaren. Ab einer Inzidenz von 150 mussten sie jedoch schließen. Ihre Waren durften dann nur noch im Internet bestellt und vor Ort abgeholt werden.
Für Schulen galt ab einer Inzidenz von 100 Wechselunterricht. Jedes Bundesland konnte dabei für sich entscheiden, ob die einzelnen Klassen zum Beispiel täglich oder wöchentlichen zwischen Präsenz- und Heimunterricht wechseln. Ab einer Inzidenz von 165 mussten alle Schüler zuhause bleiben. Kitas mussten dann schließen. Ausnahmen gab es für Abschlussklassen und Förderschüler.
Welche Kritik gab es?
An der Bundesnotbremse gab es parteiübergreifend Kritik. Den einen waren die Regelungen zu lasch, den anderen zu hart. Vor allem Politiker von FDP und Freien Wählern äußerten verfassungsrechtliche Bedenken. Hinterfragt wurde unter anderem, ob Grundrechte pauschal durch Maßnahmen eingeschränkt werden dürfen, ohne das klar sei, ob diese dem Gesundheitsschutz dienten.
Das betraf vor allem die Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen. Außerdem wurde kritisiert, dass durch flächendeckende Schulschließungen die allgemeine Schulpflicht eingeschränkt werde.
Mehr als 300 Klagen und Eilanträge gegen die Bundesnotbremse gingen beim Bundesverfassungsgericht ein. Sämtliche Eilanträge wiesen die Richter in Karlsruhe aber schon im Mai ab.
Könnte die Bundesnotbremse erneut angewendet werden?
Mit der Änderung des Infektionsgesetzes durch die künftige Koalition im Bund aus SPD, Grünen und FDP wurden auch die Vorschriften zur Bundesnotbremse ersetzt. Flächendeckende Ausgangssperren, Reisebeschränkungen und die Schließung von Schulen und Kitas sind nun nicht mehr möglich. Hierfür müsste also das Bundesinfektionsschutzgesetz erneut geändert werden.
Das fordern besonders die Länderchefs von CDU und CSU angesichts hoher Inzidenzen und Hospitalisierungsraten. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass er beim Corona-Gipfel von Bund und Ländern am Dienstag empfehlen wolle, "sofort einheitliche Maßnahmen analog der Bundesnotbremse vorzubereiten". Allerdings schließt derzeit insbesondere die FDP flächendeckende Betriebsschließungen aus.
Quelle: MDR AKTUELL
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL - Das Nachrichtenradio | 30. November 2021 | 06:00 Uhr