Straßenneubau Weiterer Spatenstich für Oberlausitzer Jahrhundertprojekt B178n
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Mit einem feierlichen Spatenstich ist am Montag in Mittelherwigsdorf begonnen worden, eine weitere Lücke im Neubauprojekt der B178n zu schließen. Die Straße soll die A4 in der Oberlausitz an die deutsch-polnische Grenze anbinden. Das Bauprojekt, das vor 30 Jahren erstmal geplant wurde, ist mit dem neuen Teilstück noch immer nicht vollendet. Die Anbindung an die A4 der B178n bei Weißenberg wird erst noch geplant. Der Straßenneubau ist nicht nur in der Region umstritten.

Auf dieser Seite:
- Skepsis an zeitnahem Bauende - Erste Planungen begannen im Jahr 1992
- Befürworter: "Lebensader" soll Aufschwung für Oberlausitz bringen
- Gegner kritisieren Streckenverlauf und Kosten
- B178n beliebtes Thema für Lokal-Satiriker
- Mehr als 18 Jahre Planungszeit für Abschnitt Niederoderwitz - Zittau
- Neue Trasse dreispurig mit insgesamt sechs Brücken
- Geduld weiterhin gefragt - letzter Bauabschnitt in Planung
Mit einem symbolischen ersten Spatenstich ist am Montag bei Mittelherwigsdorf der Neubau der B178n zwischen Niederoderwitz und Zittau gefeiert worden. Der rund sechs Kilometer lange Bauabschnitt ist mit 40 Millionen Euro veranschlagt. "Mit dem Start der Bauarbeiten gehen wir nun in Richtung Zielgerade. Und wir schließen mit dem Neubau des Teilstückes endlich die verbliebene Lücke auf der Strecke Löbau-Süd bis zur deutsch-polnischen Landesgrenze", meint Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD).
Die Vollendung dieser Verkehrsader ist für das Gelingen des Strukturwandels und die Lebensqualität der noch vom Durchgangsverkehr betroffenen Gemeinden von großer Bedeutung. Ich hoffe, dass die anstehenden Bauarbeiten nach Plan verlaufen und im Jahr 2025 die ersten Fahrzeuge über diesen Abschnitt rollen.
Skepsis an zeitnahem Bauende - Erste Planungen begannen im Jahr 1992
Anwohner sind skeptisch, was die Zielgerade betrifft, denn seit 1992 arbeiten sich die Behörden an der B178n ab. Am 22. Februar 1999 erfolgte der erste Spatenstich für den Neubau der Trasse. In Zittau wurde damals die sogenannte Nordspange gebaut, um den grenzüberschreitenden Verkehr an Zittau vorbei auf die B178n zu leiten. Doch 23 Jahre lang endete die Nordspange im Nichts. Nun wird in weiteren drei Jahren der Anschluss an die neue Bundesstraße vollendet.
Befürworter: "Lebensader" soll Aufschwung für Oberlausitz bringen
Die B178n sei eine wichtige Verbindungsachse zwischen der A4 und der Bundesgrenze Deutschland/Polen/Tschechien und habe als wichtigste Nord-Süd-Verbindung nicht nur für die Oberlausitz, sondern auch für den europäischen Binnenverkehr eine außerordentliche Bedeutung. So argumentieren bis heute die Befürworter der Trasse, zu denen auch viele Unternehmer aus dem Zittauer Dreiländereck gehören oder gehörten. Die Befürworter hofften damals, dass über die - auch als Lebensader bezeichnete - B178n der Aufschwung in die Oberlausitz rollt.
Gegner kritisieren Streckenverlauf und Kosten
Gegner - darunter Bauern, Jäger und Naturschützer - kritisieren unter anderem den Streckenverlauf und vor allem die Kosten. Sie verweisen auf die unmittelbar benachbarten Bundesstraßen 96 und 99. "Wir brauchen keine vierte Bundesstraße", ist vielerorts zu hören gewesen. Es wurde gefordert, nicht nur die alte B178 auszubauen, sondern in diesem Zusammenhang auch Ortsumfahrungen - beispielsweise in Herrnhut - zum Wohle der Anwohner an der B96 und B99 entstehen zu lassen. Doch die Gegner konnten sich mit ihren Argumenten nicht durchsetzen - auch nicht bei der B178n.
B178n beliebtes Thema für Lokal-Satiriker
Das Oberlausitzer Liedermacherduo "PSCHYBBO & RETHKO" hat in einem Song das Bauprojekt auf die Schippe genommen und damit einen regionalen Hit gelandet: "B178 - keen Anfang, keen Ende, die wird nie fertig, die wird ne Legende!"
Die Neubautrasse wurde in acht Bauabschnitte aufgeteilt, von denen mittlerweile sechs fertiggestellt sind - aber nicht vierspurig, wie ursprunglich geplant, sondern über weite Teile nur dreispurig. Das Verkehrsaufkommen blieb weit unter den Prognosen. Andere, besser ausgebaute und fertiggestellte Nord-Süd-Verbindungen haben sich inzwischen etabliert.
Schon der Streit um die Drei- oder Vierspurigkeit war ein großes Thema bei Lokal-Satirikern. Ebenfalls ein beliebtes Thema: "Wie sich die Behörden die Zuständigkeiten bei der B178n zuschieben." Einzelheiten oder Fertigstellungstermine sorgten in den vergangenen Jahren nicht nur an Stammtischen sondern auch bei Bürgerversammlungen betroffener Orte für Heiterkeit.
Mehr als 18 Jahre Planungszeit für Abschnitt Niederoderwitz - Zittau
Schon im Jahr 2018 beklagte der damals zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hartmut Mangold, die lange Planungszeit von 14 Jahren für den Abschnitt Niederoderwitz bis Zittau. Mehrfach musste der Abschnitt aufgrund der Landwirtschaft, der Landschaftschutzverbände und geologische Besonderheiten neu gedacht werden. Nach 18 Jahren Planungszeit sagt Verkehrsminister Martin Dulig beim symbolischen ersten Spatenstich am Montag: "Viel Arbeitskraft, unzählige Arbeitsstunden von Planern, Bauunternehmen, Verwaltungen, Politik, aber auch von Bürgern, Verbänden und Genehmigungsbehörden und weiteren Akteuren stecken in diesem Gesamtvorhaben." Für die Geduld bedankte sich der sächsische Verkehrsminister.
Der Neubau der B 178 zeigt, dass Verkehrsplanung und Straßenbau längst nicht mehr das bloße Errichten von Straßen ist, sondern eine vollumfängliche Auseinandersetzung mit den Belangen aller Beteiligten, der Natur und allen Schutzgütern, die durch den Straßenverkehr beeinträchtigt werden. Für die Geduld möchte ich allen Beteiligten danken.
Neue Trasse dreispurig mit insgesamt sechs Brücken
Die neue Trasse wird, wie auch die benachbarten Abschnitte, nur drei Fahrspuren haben. Fünf Brücken führen die neue Bundesstraße ins Zittauer Dreiländereck. Eine 61 Meter breite Grünbrücke soll den Lebensraum beiderseits der Trasse verbinden. Die sogenannte Wildbrücke soll Tieren den sicheren Wechsel zwischen ihren angestammten Revieren ermöglichen.
Geduld weiterhin gefragt - letzter Bauabschnitt in Planung
Die Oberlausitzer Autofahrer müssen sich wahrscheinlich weiter in Geduld üben, denn wann der Anbindung an die Autobahn 4 erfolgt, steht weiter in den Sternen. Wie das Verkehrsministerium mitteilte, soll In der zweiten Jahreshälfte der Antrag auf Planfeststellung bei der Landesdirektion Sachsen gestellt werden. Dann müssen die Unterlagen öffentlich ausgelegt werden. Falls es keine Einwände gibt - was bei der umstrittenen Trassenführung zwischen Nostitz und der A4 bei Weißenberg eher unwahrscheinlich ist - könnte der Planfeststellungsbescheid für den verbliebenen Bauabschnitt in knapp zwei Jahren vorliegen. Wahrscheinlicher ist, dass das deutlich länger dauert. Die sächsische Politprominenz wird wohl nicht mehr in dieser Legislaturperiode zum Spaten greifen, um die B178n zu vollenden.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Regionalnachrichten Studio Bautzen | 23. Mai 2022 | 09:30 Uhr