Kommunalpolitik Streit um Gehwegausbau - Ist Torgaus Oberbürgermeisterin befangen?
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In Torgau hat sich der Stadtrat am Mittwochabend mit einem Befangenheitsantrag gegen die eigene Oberbürgermeisterin Romina Barth (CDU) befasst. Der Vorwurf: Vorteilsnahme im Amt. Stein des Anstoßes ist der geplante Ausbau eines Gehweges im Ortsteil Graditz, an dem Barth und ihr Lebensgefährte ein Grundstück besitzen.

Auf dieser Seite:
- Sanierung mit Beigeschmack
- Stadt sagt: Juristisch alles in Ordnung
- Wird Beschluss Fall für Kommunalaufsicht?
Geplant waren dreizehn, am Ende waren es vierzehn Themen, die die Stadträte von Torgau am Mittwochabend auf dem Tisch hatten. Das Thema, das am längsten und intensivsten diskutiert wurde, kam erst kurzfristig dazu. Denn einige Räte warfen Oberbürgermeisterin Romina Barth (CDU) wegen eines geplanten Gehwegausbaus Befangenheit vor.
Sanierung mit Beigeschmack
Streitpunkt ist ein Fußweg im Ortsteil Graditz, entlang der Bundesstraße 183. Im November vergangenen Jahres stimmte der Stadtrat für die Sanierung des maroden Gehwegs, nachdem die Verwaltung die Baumaßnahme vorgeschlagen hatte. Was die Räte damals nicht wussten: Im Oktober hatte die Oberbürgermeisterin, zusammen mit ihrem Lebensgefährten, die historischen Gutshäuser gekauft, die direkt an dem Weg liegen.
Damit profitiere Barth von der kommunalen Baumaßnahme, denn der neue Fußweg werte ihre Immobilie auf, argumentierten am Abend einige Stadträte. Darunter auch Michael Bagusat-Sehrt von den Linken. Sie hätte ihren Besitz den Stadträten mitteilen müssen, um ihre Befangenheit zu prüfen, sagte er MDR SACHSEN. Vielleicht hätten die Räte im November dann anders abgestimmt.
Es ist eine außerplanmäßige Ausgabe, also sie ist vorgezogen worden mit einer Begründung, die ich im Moment nicht mehr glauben möchte.
Stadtratbeschluss vom 3. November 2021
Außerplanmäßige Ausgaben zur Finanzierung der Maßnahme "Errichtung des Gehweges entlang der B183 in der Ortslage Graditz".
Der Stadtrat stimmt der außerplanmäßigen Ausgabe zur Finanzierung der o.g. Maßnahme in Höhe von 353.000 € brutto zzgl. Planungsleistungen für das Haushaltsjahr 2022 zu.
Ratsinformationsystem Stadt Torgau
Juristisch alles in Ordnung
Der Oberbürgermeisterin sei juristisch nichts vorzuwerfen, erklärte Andreas Gerner auf der Sitzung. Der Fußweg diene in erster Linie dem Allgemeinwohl, betonte der Justiziar der Stadt. Auch Stadtrat Henry Goldammer von der CDU ist sich sicher: Es ist keine Befangenheit da. "Ich bin mir sicher, dass die Stadträte das schon wussten", erklärte er MDR SACHSEN.
Es ist ja keine Vorteilsnahme von öffentlichen Geldern für private Zwecke.
Und Oberbürgermeisterin Romina Barth? Sie wollte sich nach der Sitzung nicht bei MDR SACHSEN äußern, wies aber die Vorwürfe auf der Ratsversammlung als Wahlkampf-Polemik zurück.
Am 3. Juli wird in Torgau ein neues Stadtoberhaupt gewählt. Neben Amtsinhaberin Barth kandidieren bislang auch Begusat-Sehrt und Henrik Simon (parteilos) für den Posten.
Fall für die Kommunalaufsicht?
Den Stein ins Rollen hat ein ehemaliger Geschäftspartner Barths gebracht. Peter Heil, Immobilientwickler aus Radebeul, bekam anonym Unterlagen zugespielt, die er dann bei Facebook veröffentlichte. Ihn verwundern die Möglichkeiten, die Grundstücksbesitzer in Torgau haben. Wenn er Gebäude kauft und den Gehweg vor seinem Grundstück saniert haben möchte, bekäme er keine solche Amtshilfe, sagte Heil MDR SACHSEN. "Die Stadtverwaltung sagt zu mir als Investor, 'Ja gerne können sie dort bauen, aber die Aufwendungen für die Wege außen herum, die bezahlen sie bitte aus ihrer eigenen Tasche.'" Gerade sei ihm das bei einem großen Projekt in Radebeul passiert.
Er werde nun mit seinem Anwalt prüfen, ob die Kommunalaufsicht eingeschaltet werden muss und soll. Und auch Stadtrat Begusat-Sehrt denkt über diesen Schritt nach. Für Heil steht fest, der Beschluss zum Ausbau des Gehwegs müsste aufgehoben werden.
Frau Barth hätte als Anliegerin nicht bei dem Beschluss abstimmen dürfen.
MDR (bb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 07. April 2022 | 19:00 Uhr