Nachhaltigkeit Wie ein Abrisshaus in Saalfeld recycelt wird
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Für Grünflächen und Parkplätze lässt die Stadt Saalfeld ein 120 Jahre altes Wohnhaus abreißen. Doch bevor der Bagger kommt, wird so viel wie möglich ausgebaut. Die Baustoffe sollen ein zweites Leben bekommen.

Dirk Böhme steht vor einem Haufen gelber Klinkersteine. Die hat er mit Helfern in den vergangenen Tagen ausgebaut - aus der Fassade des Wohnhauses von 1900. Jetzt liegen sie haufenweise im früheren Hof. Die Steine werden sortiert, verpackt und an ein Prüflabor nach Weimar geschickt.
"Dort wird getestet, was die Steine noch aushalten", sagt er. Aus den Wohnungen auf den drei Stockwerken des "Gelben Hauses" hat er schon die meisten Holztüren und das eine oder andere Fenster ausgebaut. Ganz zum Schluss sollen noch die Dielenböden, die Holzbalken auf dem Dachboden und das Treppengeländer im Hausflur raus.
Werkhaus soll Saalfelder Stadtteil aufwerten
"Das ist schon sehr interessant", sagt er. Die alten Handwerkstechniken kommen wieder zum Vorschein. "Die Dinge haben ihren eigenen Charakter, erzählen ihre eigene Geschichte." Weil die Menschen genau danach wieder suchten, baut er sie aus, meint Dirk Böhme, der Holzgestalter ist und zum Beispiel Spielplätze baut. Wie er die Dinge aus dem Wohnhaus im Stadtzentrum wiederverwenden wird, steht schon fest: Sie sollen in ein Bauprojekt gehen, in einem Wohngebiet am Stadtrand im Saalfelder Ortsteil Beulwitz.
Den Entwurf rollt er im Abrisshaus auf dem Boden aus. Die Stadt baut ab Frühjahr 2022 zusammen mit der IBA, der Internationen Bauausstellung Thüringen, ein sogenanntes Werkhaus. Das soll den Stadtteil, in dem in mehreren Wohnblocks vor allem geflüchtete Menschen wohnen, lebenswerter machen. Entstehen werden Ateliers und Büros, Werkstätten, Gasträume, ein Garten und eine Multifunktionshalle. Dirk Böhme begleitet den Bau und hatte die Idee, dafür Baustoffe aus dem früheren Wohnhaus wieder zu verwenden.
Upcycling: Bauelemente werden wiederverwendet
Mit dem "Upcycling" im Wohnhaus will er nachhaltig arbeiten. "Wir können Rohstoffe sparen und brauchen weniger Energie", sagt Böhme, wenn er zum Beispiel die Holztüren wieder bearbeitet. Und das spart Geld: "Wir erleben es gerade mit Holz. Das ist Mangelware." Auch bei den Steinen werden Ressourcen gespart, sagt Böhme. Sie sollen im Werkhaus partiell wieder eingebaut werden; die Fliesen stellenweise für Böden und Wände verwendet werden. Aus den Treppengeländern könnten Rankhilfen für Pflanzen werden. Die Holztüren werden wiederaufbereitet oder zu Schränken umgebaut.
Gelbes Haus weicht Grünem Ring
Wenn die Fliesen und Steine dort wieder eingebaut werden, dann ist das "Gelbe Haus" Geschichte. Die Stadt lässt es in den nächsten Wochen abreißen. 2018 hatte sie es von der Wohnungsbaugesellschaft gekauft. Es war das letzte Gebäude auf einem sogenannten Grünen Ring, der sich einmal um die Innenstadt ziehen soll, sagt die Leiterin des Bauamtes, Bettina Fiedler (CDU). Es zu sanieren, sei nicht mehr wirtschaftlich gewesen. Die Mietpreise nach einer Sanierung im Verhältnis zur Lage an der Hauptstraße zu hoch, sagt sie.
Jetzt sind dort Grünflachen und Parkplätze geplant. "Das Ziel der Stadt ist, einen grünen Ring um die Innenstadt zu schaffen und das Stadtklima zu verbessern", sagt Fiedler. "Aber natürlich auch zu ermöglichen, dass Besucher auf kurzen Wegen in die Innenstadt kommen können." Und so die Innenstadt und die Geschäfte zu beleben. Für Parken im Grünen statt Wohnraum zum Leben - die SPD/Grünen-Fraktion im Stadtrat kritisierte das zwar. Die Mehrheit stimmte aber für den Abriss.
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 14. November 2021 | 18:00 Uhr