Residenzstädte Wie mehrere Städte in Thüringen Weltkulturerbe werden wollen
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Manchmal ist sie belächelt worden: die Kleinstaaterei. Jetzt könnte sie Thüringen internationale Aufmerksamkeit einbringen.

Eine größere Aufmerksamkeit ist zumindest die Idee, warum sich mehrere ehemalige Thüringer Residenzstädte gemeinsam als Weltkulturerbe der Unesco bewerben sollen. Für diese Idee stehen drei Damen und ein Herr - das sogenannte Kompetenzteam für die internationale Bewerbung.
Nein, es reicht nicht, ein paar schmucke Schlösser und Burgen zu haben. Da ist sich Claudia Schönfeld ganz sicher. Sie war schon dabei, wenn Welterbe-Anträge auf der internationalen Bühne diskutiert wurden.
Kleines Welterbe-Team - große Herausforderung
Die Kunstwissenschaftlerin hat in Krakau, Bahrain und Baku miterlebt, wie Entscheidungen über die Titelvergabe ablaufen. Um genau diese Erfahrungen ging es, als die Schwerinerin ins Thüringer Kompetenzteam geholt wurde. Zu diesem gehört als einziger Mann Franz Nagel, der Öffentlichkeitsarbeiter bei der Thüringer Stiftung Schlösser und Gärten.
Stiftungsdirektorin Doris Fischer leitet das kleine Team, das durch Astrid Ackermann komplettiert wird. Die Historikerin aus Jena hat unter anderem geforscht und gelehrt über Krieg und Frieden im Europa des 17. Jahrhunderts.
Die Thüringer Fürstenhäuser waren zu klein, um große Kriege zu führen. Geltung und Aufmerksamkeit versuchten sie anders zu erringen: Theater, Bildung, Kunst. Friedliche Koexistenz auf engstem Raum. Das ist ein Erbe, zu dem man stehen kann. Damit unterscheiden sich die Thüringer Schlösser von den vielen anderen, die schon auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes stehen.
Langer Weg bis zur möglichen Unesco-Anerkennung
Seit 50 Jahren gibt es das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt. Für seine Umsetzung sorgt die Unesco - die Kultur-Organisation der Vereinten Nationen in Paris. Genau dort möchte Thüringen 2025 erfolgreich sein mit seiner Bewerbung.
Zuvor muss diese aber erst einmal im nationalen Wettbewerb punkten - da wird im Oktober 2023 entscheiden, ob Thüringen weiter dabei sein darf. "Wir haben wirklich keine Zeit zu verlieren", sagt Claudia Schönfeld. "Es ist vor allen Dingen wichtig, mit der Bevölkerung zu sprechen. Die muss erfahren, welche Chancen der Welterbe-Titel eröffnet. Aber es ist genauso wichtig hinzuhören", sagt Schönfeld.
Wir haben wirklich keine Zeit zu verlieren.
Dem Kompetenzteam war schnell klar: Wir müssen raus ins Land, müssen Verbündete vor Ort gewinnen. Deshalb werden sie Klinken putzen in Rathäusern. Anregungen einsammeln bei Museumsleuten. Das Gespräche mit Bürgern suchen, Anregungen sammeln, Verbündete finden.
Welterbe-Status mit Windkraft vereinbaren
Wer Welterbe-Status haben will, der muss bestimmte Bedingungen erfüllen. Da gibt es zum Beispiel Schutzzonen, die bei Bauplänen beachtet werden müssen. Das kann einzelne Bürger betreffen, aber auch kommunale und regionale Entscheidungen berühren.
Doris Fischer nennt ein Beispiel: "Wir wissen alle, dass das Thema Windenergie wichtig ist." Aber natürlich - auch die Planungen für Windkraftwerke müssen in Übereinklang kommen mit der Absicht, ein geschütztes Weltkulturerbe zu bewahren.
Astrid Ackermann ahnt, dass es noch manche Diskussion geben wird. Die Welterbe-Managerin, die Sozialwissenschaften studiert hat, versteht sehr gut, wenn Kommunalpolitiker ein bisschen pokern möchten. Sie sagt: "Dann müssen wir klarmachen, was wichtig ist, um bei der Unesco voranzukommen. Und was sind mögliche Wege für später, um einer Kommune spezielle Angebote zu machen."
Acht Residenzstädte, neun Fürstenhäuser, eine Grenzüberschreitung
Für die Bewerbung um den Weltkulturerbe-Titel fielen bereits im vergangenen Jahr die ersten Würfel: Seitdem ist klar, wer im Rennen sein soll: Altenburg, Sondershausen, Weimar, Rudolstadt, Gotha, Meiningen und Greiz. Die ostthüringische Residenzstadt war ja rund 200 Jahre das Zentrum für gleich zwei regierende Linien des Fürstenhauses Reuß. Und dann gehört zu den Bewerbern noch das Schloss Ehrenburg in Coburg - also eine Thüringer Bewerbung mit Grenzüberschreitung nach Bayern.
In all diesen Orten möchte Doris Fischer vor allem eins klarmachen: "Es geht nicht darum einzufrieren, Käseglocken drüberzustülpen. Sondern es geht immer um eine lebendige Weiterentwicklung." Dies kann im besten Fall dafür sorgen, dass der Titel Neugierige aus aller Welt anlockt.
Hintergrund
Thüringen verfügt bereits über mehrere Unesco-Welterbestätten, so die Wartburg, die Orte des klassischen Weimar und die Weimarer Bauhaus-Stätten. Außerdemn ist der Nationalpark Hainich Teil des Unesco-Weltnaturerbes "Alte Buchenwälder".
Der Unesco liegt zudem die Bewerbung Erfurts mit der Alten Synagoge und dem jüdischen Ritualbad Mikwe vor, über dessen Aufnahme auf die Welterbeliste die Organisation voraussichtlich im Sommer 2022 entscheidet.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 11. April 2022 | 19:00 Uhr
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