Ein Erklärungsversuch Warum kommen manche Menschen immer zu spät?
Hauptinhalt
Manche Menschen schaffen es fast immer pünktlich eine Verabredung einzuhalten, andere kommen meistens zu spät. Woran liegt das? Lässt sich das wissenschaftlich erklären? Heike Fiedler hat nachgefragt.
So wie Tim geht es vielen: Er war für 17 Uhr mit seinem Tennispartner verabredet. Es ist zehn nach fünf. Tim steht noch immer allein da, doch er ist nicht sauer. Er kennt diesen verhaltenstechnischen Schönheitsfehler seines Kumpels: "Wenn man es erwartet, dann geht man relaxter an die Sache ran. Man weiß ja, dass man seine obligatorische Viertelstunde irgendwie draufrechnet.“
Wenn man es erwartet, dann geht man relaxter an die Sache ran.
Ein guter Grund muss her
Tim kann Zuspätkommende aushalten, ist nicht gekränkt. Allerdings nur dann, wenn er als Sitzengelassener einen akzeptablen Grund erfährt. Dazu sein Beispiel: "Wenn der Zuspätkommende jetzt sagt: 'Du, ich stand auf der A9 in einer Vollsperrung.' Dann ist das Thema, was die Entschuldigung anbelangt, nicht der Rede wert. Aber wenn er sich einfach vertrödelt hat, weil er auf der Straße noch einen Kumpel getroffen hat, dann ist das natürlich nicht in Ordnung."
Manch einer nimmt es persönlicher, wenn er oder sie warten muss: "Ich selbst bin sehr strukturiert und lege auch sehr viel Wert auf Pünktlichkeit. Eigentlich erwarte ich das auch von meinem Gegenüber", sagte eine Frau.
"Ich schäme mich immer wieder."
Viele Zuspätkommer können ihre Zeit nicht strukturieren. Oft verzetteln sie sich, lassen sich von zig Dingen ablenken, machen vieles gleichzeitig, müssen noch schnell dies und das erledigen. Und zack, ist der vereinbarte Termin herangerückt, den Betroffene nun nicht mehr pünktlich wahrnehmen können. Jana kennt dies aus jahrelanger eigener Erfahrung: "Ich schäme mich auch jedes Mal, entschuldige mich auch jedes Mal wieder. Aber ich merke auch, dass ich das trotzdem nicht anders schaffe und im ganz schön negativen Strudel hänge."
Falsche Einschätzung der Zeit
Jana, die Psychologie studiert, nennt folgenden Grund für das chronische Zuspätkommen von Menschen. Sie sagt: "Menschen haben eine unterschiedliche Wahrnehmung oder ein anderes Gefühl dafür, wie lange zum Beispiel eine Minute dauert, wenn sie die nicht ablesen können." Ihre eigene Einschätzung der Zeit stimmt nicht mit der Realität überein. Es findet sozusagen eine Verirrung statt.
Innerliche Konflikte
Tatsächlich haben Wissenschaftler an der Universität San Diego/USA bereits etwa vor 20 Jahren eine Studie veröffentlicht, in der es genau darum geht: Bestimmte Menschen können eine Minute nicht einschätzen. Für sie dauert geschätzt eine Minute 77 Sekunden. Und wenn sich dies im Laufe des Tages summiert, dann ist klar, warum sie nicht pünktlich sein können.
Die wenigsten tun das so leichtfertig ab und sagen: "Naja, da bin ich eben wieder zu spät." Es geht oft auch mit innerlichen Konflikten einher, die dann wahrscheinlich wiederum auch Zeit kosten. Bei vielen Betroffenen hat das Verzeihen des Zuspätkommens auch Grenzen. Dann geht es auch darum, ob man als Wartender selbst Zeitdruck nach hinten heraus und einen vollen Terminplan hat. Wenn dann jemand zu spät kommt, dann ist das sehr unschön.
Quelle: Heike Fiedler (in)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | 17. Januar 2022 | 10:40 Uhr