Dienstags direkt | 08.03.2022 | Nachhören Der Krieg ist männlich.
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Ein Satz, der bewusst provozieren soll - am Internationalen Frauentag 2022, um die Frage in den Mittelpunkt zu rücken: Wie überleben Frauen kriegerische Konflikte und welchen Preis zahlen sie?
Im Krieg müssen Frauen ihre Kinder zur Welt bringen und versorgen. Sie greifen zur Waffe oder fliehen, um ihre Familie zu schützen. Jeder Krieg wird auf den Schultern der Schwächsten ausgetragen. Oftmals sind Frauen und Kinder diejenigen, die übersehen und überhört werden.
Bilder, die Ohnmacht signalisieren
Es sind Szenen, die sich auf Bahnhöfen und an Grenzübergängen abspielen – die für uns nicht zu dem Europa passen, das wir aus den letzten Jahrzehnten kennen. Männer umarmen ihre Frauen und Kinder. Für einen Moment ist die Familie noch einmal vereint. Ob es jemals wieder so sein wird ist ungewiss. Denn einige Augenblicke später fährt der Zug Richtung Westen. Die Männer zwischen 18 und 60 bleiben zurück. Es ist Krieg.
Sie müssen sich das vorstellen: Viele ukrainische Männer fahren ihre Familien mit dem Auto an die Grenze. Und dann – fahren sie allein zurück, um zu kämpfen. Nur die Frauen und Kinder dürfen die Grenze passieren.
Das sagt Natalija Bock, Übersetzerin in Dresden. Ihre Familie ist gerade auf dem Weg nach Deutschland.
...und dann die Sorge und Hoffnungslosigkeit
Von einem Tag auf den anderen hat sich alles verändert. Während vielleicht Stunden zuvor die Welt noch in Ordnung war, tritt plötzlich die Kriegsgefahr in das Leben vieler Frauen. Sie sind in Sorge um ihre Familien, und sie sind auf der Flucht. Aus vielen Schilderungen wissen wir, wie oft Frauen und Kinder Gewaltopfer werden.
Keiner von uns weiß, wann sich ein erlebtes Trauma zurück in das Bewusstsein schiebt. Die Erinnerungen, das Erlebte kann ganz schnell eine Therapie verlangen oder erst Wochen, Monate, Jahre später.
Das erzählt die Psychologin und Autorin Anne Kratzer, die sich immer wieder mit dem Erlebten von Frauen auf der Flucht beschäftigt.
Aufbruch in die Ungewissheit
Im Zug, kurz hinter der Grenze, beginnt für Geflüchtete ein Leben voller Unsicherheit. Vor vielen Menschen liegen weite Reisen. Kaum jemand hat ein konkretes Ziel vor Augen. Alle suchen nach Freunden, Familienmitgliedern, bei denen ein sicherer Schlafplatz für die kommenden Wochen oder Monate zu finden ist. Wer die Ukraine in diesen Stunden verlassen kann, trägt nur das Nötigste auf der Haut oder in einer kleinen Tasche bei sich.
Auf der Suche nach Hilfe
Doch wie kommen die Frauen und Kinder weiter? Wie sieht das Leben der Frauen auf der Flucht aus? Welche Perspektiven haben sie? Wer kann helfen? Wie sollten wir uns auf die Geflüchteten vorbereiten?
Frauen im Krieg – sie bekommen in diesen Momenten schon immer eine ganz besondere Rolle zugeschrieben. Manchmal waren sie die Kämpferinnen, manchmal die Krankenschwestern und wenn die Kanonen verstummt sind – dann bleiben die Narben und die Gewissheit: Der Krieg ist männlich.
Gesprächspartnerinnen waren u.a.
Natalija Bock | Übersetzerin
Anne Kratzer | "Psychologie Heute"-Redakteurin
Redaktionelle Mitarbeit: Stephan Wiegand
Leitung: Ines Meinhardt
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 08. März 2022 | 20:00 Uhr