Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN
Hauptinhalt
Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Pastor Stephan Ringeis.
Mittwoch, 10.08.2022: Ich will mich nicht daran gewöhnen
Manchmal geht das mit der Gewohnheit schnell. Es fällt auf, dass die Nachrichten vom Krieg in der Ukraine längst nicht mehr jeden Tag die erste Schlagzeile einnehmen. Anderes hat sich nach vorn gedrängt. Aber auch an ganz neue Schlagzeilen gewöhnen sich die Menschen. Und das obwohl der Krieg in der Ukraine keinesfalls weniger intensiv ist.
Genau genommen, Grausamkeit, Zerstörung und Entmenschlichung waren vermutlich am Anfang längst nicht so stark wie gegenwärtig ausgeprägt. Ich frage mich, gewöhne ich mich womöglich nach und nach an die Kriegsbilder? In dem Wort "gewöhnen" steckt auch das Wort "wohnen". Ein schrecklicher Gedanke, dass ich mich an einen Krieg gewöhnen könnte und mich womöglich in einer Welt, in der die Waffen laut bleiben statt zu schweigen, zuhause fühle.
Im biblischen Psalm 10 (,14) heißt es: "Nein, du verschließt deine Augen nicht vor der Not und siehst dem Unrecht nicht tatenlos zu. Die Wehrlosen können sich dir anvertrauen, den Waisen kommst du zu Hilfe." Gott kann sich nicht daran gewöhnen, wozu Menschen fähig sind. In einer solchen Welt fühlt er sich nicht zuhause. Er ist trotzdem da. Und er schaut auch nicht weg. Und ich will das auch nicht. Auch wenn es für die eigene Seele gut ist, Nachrichten nicht fortlaufend, sondern in sinnvollen Portionen zu sich zu nehmen. Daran gewöhnen? Nein. Zur Tagesordnung übergehen? Nein.
Also was kann ich tun? Das scheint wenig. Hoffen. Flehen. Beten. Unterstützen. Leid lindern. Vielleicht ist es doch viel. Jedenfalls, da ist schon einiges möglich. Aber auch daran will ich mich nicht gewöhnen. Schön wäre eine Reise nach Lemberg oder Kiew, nach Moskau oder St. Petersburg. Daran könnte ich mich gewöhnen.
Dienstag, 09.08.2022: Ungewöhnliche Hoffnung
Der heutige Tag bleibt für mich immer mit dem Abwurf der Atombombe auf die japanische Stadt Nagasaki verbunden. Gewöhnlich wird daran erinnert. Es war der zweite nach der Zerstörung von Hiroshima drei Tage zuvor. Mehr als 100.000 Menschen fielen diesen Bomben am Ende des zweiten Weltkrieges 1945 zum Opfer. Seit damals wurde über Jahrzehnte hinweg bedroht und abgeschreckt.
Politiker vertrauten lange Zeit diesem System der Angst. Das "Gleichgewicht der Kräfte" sorgte für so etwas wie Frieden. Dabei war es ein Tanz auf der Rasierklinge. Das System lebte von der Einsicht, es gibt bei einem solchen Krieg keinen Sieger, es gibt nur Verlierer. Zurzeit ist Krieg und es wird wieder aufgerüstet. Die Meinungen dazu gehen weit auseinander. Ungewöhnlich klingen die Worte von Jesus "Liebt eure Feinde".
Diese Aufforderung bleibt in diesen Tagen eher leise. Für viele passt das auch nicht zusammen, "wehrhaft" zu sein und die Feinde zu lieben. Wenn es auch nicht zusammenpasst, ich möchte die Fahne der Feindesliebe trotzdem hochhalten, auch bei allen, die sich aus guten Gründen für Waffenlieferungen aussprechen. Es wäre fatal, die Liebe zu vergessen, gerade gegenüber meinem schlimmsten Feind. Sie bleibt die letzte Hoffnung, dass alles Zerstörende in uns Menschen überwunden wird. „Feindesliebe“ verteidigt zuerst meinen Feind gegen das Schlimmste. Stimmt, das gelingt im konkreten Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung leider nur selten. Aber die Liebe, die muss bleiben. Ich will mich nicht daran gewöhnen, dass ihr Menschen nicht viel zutrauen. Jesus erinnert daran, dass es keine Alternative gibt, wenn nicht alles im Chaos versinken soll. Ohne die Liebe wird die Menschheit nicht zur Ruhe kommen. Feinde müssen Freunde werden! Auch wenn im Moment alles dagegen spricht.