Friedlicher als ihr Ruf Wespen: Welche nerven und was Sie tun können
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Wenn sie Erdbeerkuchen, Eis oder Bratwurst naschen, ernten sie nichts als Ärger, Geschrei und eins über die Mütze. Die Rede ist natürlich von Wespen! Der Nabu Sachsen-Anhalt sagt: Das ist unfair, denn nur Bruchteil der Wespen ruiniert den Ruf der ganzen Spezies. Ein britisches Forschungsteam stellt außerdem fest: Wespen-Bashing ist real (auch in der Wissenschaft). Und nennt uns viele gute Gründe, die gestreiften Flugräuber zu schätzen und achten.

Wer bei gutem Wetter ein Stück Kuchen oder ein Eis im Grünen genießen will, hat womöglich das Gefühl, sie seien omnipräsent: Wespen! Sie bekommen sofort mit, dass es etwas zu ergattern gibt und können eine gut gedeckte Kaffeetafel geradezu umzingeln. Interessant ist aber, dass von den rund 700 Wespenarten, die in Deutschland leben, lediglich zwei(!) den Kontakt zum Menschen suchen. Grit Liebelt, Naturschutzreferentin beim Nabu Sachsen-Anhalt bestätigt: "Lediglich acht Wespenarten leben in sozialen Staaten zusammen und von diesen sind nur zwei regelmäßig an unserer Kaffeetafel zu finden: Die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe." Die meisten anderen Wespenarten leben solitär, also alleine und verhältnismäßig friedlich: Sie ernähren sich von süßem Nektar und Baumsäften, für ihren Nachwuchs erbeuten sie Insekten.
Versuchen Sie es mit einem Ablenkungsmanöver
Aber selbst mit der Gemeinen Wespe und der Deutschen Wespe muss es keine Probleme geben. Grit Liebelt betont: "Die Wespen sind im Allgemeinen sehr umgänglich und stechen nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Es ist daher wichtig, sich ruhig zu verhalten, hektische Bewegungen zu vermeiden und nicht nach den Tieren zu schlagen oder sie wegzupusten." Sie rät, Essen und Getränke im Freien abzudecken und beispielsweise Kindern nach dem Essen Mund und Hände zu waschen. Außerdem kann eine kleine Ablenkfütterung helfen: Überreife Trauben werden in fünf bis zehn Metern Entfernung zum Esstisch aufgestellt und bieten den Wespen eine Alternative.
Hier auf einen Blick zehn Tipps unserer Kollegen vom BR, die gegen Wespen helfen:
- Getränke (vor allem in Flaschen) im Freien immer abdecken, dann fliegt kein Tier hinein.
- Auch Speisen durch Gitternetze schützen.
- Kindern nach dem Essen den Mund abwischen.
- Wespen mit Wasser besprühen.
- Ventilatoren aufstellen.
- Nicht ohne Schuhe über Wiesen laufen - das ist auch hilfreich gegen Grasmilben-Stiche und andere Insekten.
- Heruntergefallenes Obst von Bäumen im Garten täglich aufsammeln.
- Wespen nicht wegpusten – das Kohlenmonoxid im Atem signalisiert ihnen eine Bedrohung.
- Wespen werden oft auch von Gerüchen angezogen, zum Beispiel von Cremes oder Parfums. Auch Holzmöbelpolitur kann sie anlocken.
- Wespen 'fliegen' auch auf farbige Kleidung.
Das "Wespen-Image" ist lädiert
Das Wespen zu unrecht einen schlechten Ruf haben, wird auch von wissenschaftlicher Seite betätigt: Die britische Entomologin und Verhaltensökologin Seirian Sumner hat für ihre Metastudie Forschungsarbeiten der letzten 37 Jahre und unveröffentlichte Vorträge der letzten 16 Jahre durchforstet, in denen Bienen und Wespen vorkamen. Schon hier wurde klar: Wespen sind nicht gerade beliebt. Von 904 Publikationen, in denen es um Bestäubung und Ökodiensleistung ging, untersuchten 22 Arbeiten Wespen, die übrigen 886 Arbeiten drehten sich um Bienen. Außerdem untersuchte sie mit ihrem Team in einer Umfrage in 46 Ländern das "Wespen-Image", indem sie Sprachgebrauch und Emotionen in Bezug auf Insekten untersuchte.
Es zeigte sich: Das Image der Wespen ist lädiert, das der Bienen glänzend. Die Forschungsgruppe kommt zu dem Schluss: Die Nützlichkeit der Wespen wird unterschätzt und der Ruf der Wespen ist fatal. Das spiegelt sich sogar in der Forschung wieder, wobei die heutige Wissenschaft in illustrer Gesellschaft ist. Schon Aristoteles schrieb 300 vor unserer Zeitrechnung, Wespenstiche seien "stärker" als Bienenstiche:
Hornissen und Wespen (...) haben nicht die außergewöhnlichen Merkmale, die die Bienen kennzeichnen; das sollte man erwarten, denn sie haben nichts Göttliches an sich wie die Bienen.
Wespen: Da wo sie nutzen, gucken wir nicht hin
Da, wo Wespen nützlich sind, für uns arbeiten, gucken wir selten hin: Wenn sie Raupen, Blattläuse, Larven von Blattkäfern oder Spannerlarven fressen. Wenn sie Pflanzen bestäuben, die keine anderen Bestäuber haben. Oder wenn sie Pflanzen bestäuben, deren richtige Bestäuber nicht mehr vorbeikommen. Oder wussten Sie, dass das Gift einzelner Arten oder der Speichel antibiotische Anteile enthalten kann, oder für die Krebsbekämpfung benutzt wird?
Wespen sparen der Landwirtschaft Milliarden
Rein rechnerisch erspart die Wespe der Landwirtschaft weltweit durch ihre Ernährung 417 Milliarden US-Dollar, die man sonst zur Insektenbekämpfung ausgeben würde, heißt es in der Metastudie.
Wespen verputzen je nach Art und Spezialisierung Insekten, die der Landwirtschaft schaden. Man könnte das sogar noch weiterdrehen, sagen Sumner und ihr Team. Warum nutzt man in tropischen Ländern nicht bewusst heimische Wespen als Schadinsekten-Vertilger? In Brasilien ließe sich demnach so Mais und Zuckerrohr vor Schädlingen schützen. Unterschätzt wird der Forscherin zufolge auch die Bestäubungsleistung der Wespen. 1.500 Kulturpflanzen sind von Bestäubung abhängig, Wespen besuchen 960 Pflanzenarten. 164 von denen sind sogar auf Wespen als Bestäuber angewiesen, bei denen keine anderen Bestäuber vorbeikommen. Die Wespenart Vespula pennsylvanica ist Forschungen zufolge sogar effektiver beim Bestäuben als Bienen.
Studie/ Links
Die komplette Forschungsarbeit zum Thema "Warum wir Bienen lieben und Wespen hassen" lesen Sie hier.
(lfw/iz)