Ausstellung Warum der Nordhäuser Olaf Martens der "Helmut Newton des Ostens" genannt wird
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Mit Modebildern in seiner eigenwilligen und unverwechselbaren Ästhetik wurde der Fotograf Olaf Martens international bekannt. Studiert hat er in Leipzig. Nach der Wende kam der große Durchbruch. Seine Jugendstadt Nordhausen ehrt ihn nun mit gleich drei parallelen Ausstellungen.

Man kann nicht anders, man muss vor diesem Foto stehen bleiben, und es erforschen. Denn so einiges passt nicht zusammen, fällt aus dem Rahmen der gängigen Modefotografie. Da stehen und sitzen fünf Models rund um eine alte Schreibmaschine. Sie entsprechen üblichen Schönheitsidealen und tragen schicke Kleidung – und wirken dennoch nicht attraktiv. Denn auf ihren Köpfen sitzen Gasmasken. Olaf Martens hat dieses Bild in St. Petersburg inszeniert, für eine Kollektion der Designerin Tatyana Parfionova inszeniert.
"Das Foto ist im Arktis-Museum entstanden, in einem Modul der ersten Station der Russen in der Antarktis", erläutert Martens. "Es ist angelehnt an diese russischen Bilder aus der Zeit des Sozialismus, auf denen man Menschen mit Gasmasken sieht. Wir haben die Models mit ihren schönen Sommerkleidern fotografiert – und die Gasmasken haben diese Schönheit hässlich-grotesk konterkariert."
Bruch mit ästhetischen Konventionen
Bilder, in denen die glamouröse und perfekte Modewelt aufgebrochen wird, und das Absurde einzieht – in den 90er-Jahren legt Martens mit diesem Ansatz eine steile Karriere hin, mit seinen Fotostrecken, die er meist im post-sozialistischen Russland aufnimmt, füllt er die Seiten von Stern, FAZ-Magazin oder Spiegel-Spezial. Er hat vor allem in St. Petersburg gute Kontakte. Eine Bekannte, Valeria, öffnet ihm Türen: "Sie hatte eine Kollegin, die russische Barsoi züchtete, diese ganz großen Windhunde. Und so habe ich sie gebeten – Valeria, besorg uns doch sieben oder zehn Barsoi fürs Shooting."
Das Ergebnis dieses Shootings wird nun ebenfalls in der Ausstellung präsentiert: Dürre Revuetänzerinnen in weißen Kleidern neben dürren weißen Hunden sind zu sehen – und dazwischen wuselt die normalgewichtige Züchterin im knallroten Pullover herum. Geplant war Letzteres damals nicht, erinnert sich Martens heute.
Kindheit in Nordhausen, Studium in Leipzig
Vieles ist möglich – wenn man Zufälle zulässt. Auch der Karriereweg von Olaf Martens lässt sich so gut umschreiben. Als Jugendlicher in Nordhausen findet er zur Fotografie, indem er illegale Repros von West-Plattencovern anfertigt und verkauft. Schnell reicht ihm das aber nicht mehr und er fängt an, selbst mit der Kamera herumzustreifen, immer auf der Suche nach dem entscheidenden Augenblick.
Mitte der 80er folgt dann das Fotografiestudium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Hier beschäftigt er sich mit Aktfotografie, bekommt schnell den Spitznamen "Helmut Newton des Ostens" verpasst. "Ich habe angefangen, in alten Ruinen, in alten Treppenhäusern, alten Wohnungen in der DDR zu fotografieren", erzählt Martens. "Das war alles andere als 'erzgebirgische Blümchenfotografie', wo alles so ästhetisch ist, in schwarz-weiß. Nein, ich habe alles in Farbe gemacht."
Internationaler Durchbruch nach der Wende
Nach der Wende kauft der Stern Martens diese Arbeiten sofort ab und druckt sie. Es ist der Beginn seiner internationalen Karriere, die die Ausstellung in Nordhausen nun an gleich an drei Orten nachzeichnet. Es sei immer die Idee gewesen, einfach mehr zu zeigen, erläutert Susanne Hinsching, Leiterin der Städtischen Museen: "Weil er so vielseitig ist, von seinem Frühwerk bis zu den ganz aktuellen Sachen." Deswegen habe sie zum ersten Mal überhaupt in Nordhausen eine dezentrale Ausstellung organisiert.
Im Stadtmuseum Flohburg sind nun Martens frühe Fotografien aus der Jugend zu sehen. Im Kunsthaus Meyenburg werden die Modefotografien gezeigt und in der Stadtbibliothek die Porträts von Prominenten, die in den letzten Jahren entstanden sind. Nordhausen bietet Olaf Martens die große Bühne – er hat sie definitiv verdient.
Die Ausstellungen
"Heimat und Tapeten – Fotokunst von Olaf Martens"
23. Oktober bis 30. Dezember 2021
Ausstellungsorte:
Kunsthaus Meyenburg
Fokus: Fotos als internationaler Modefotograf und freischaffender Künstler
Öffnungszeiten:
Di-So: 10 bis 17 Uhr
Nordhäuser Bibliothek
Fokus: Porträt-Fotografien bekannter Schriftsteller und Künstler
Öffnungszeiten:
Mo: 13 bis 18 Uhr, Di,Mi,Fr 10 bis 18 Uhr, Do: 10 bis 19 Uhr, Sa: 10 bis 13 Uhr
Flohburg | Das Nordhausen Museum
Fokus: frühe Fotoarbeiten mit Nordhausen-Ansichten
Öffnungszeiten:
Di-Sa: 10 bis 17 Uhr, So: 10 bis 17 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 13. November 2021 | 08:45 Uhr