Coronavirus-Pandemie Uniklinik-Chef erklärt angeblich Unwirksamkeit der Impfung – stimmt das?
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Am 1. November hatten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Gesundheitsministerin Petra Köpping ein Online-Treffen zur Corona-Lage veranstaltet. Zugeschaltet waren verschiedene Expertinnen und Experten, wie Professor Christoph Josten, medizinischer Vorstand der Leipziger Uniklinik. Ein Satz, den Josten dort gesagt hatte, ist herausgeschnitten worden und kursiert nun unter Corona-Leugnern und Impfgegnern. Angeblich beweise die Aussage, dass die Impfungen wirkungslos seien. Stimmt das?
- Professor Josten ist erschrocken darüber, wie seine Aussage aus dem Kontext gerissen wird.
- Drei Viertel aller Corona-Intensivpatienten sind nicht geimpft. Covid-19 ist bei ihnen in der Regel der Grund für die schwere Erkrankung – bei den geimpften Intensivpatienten spielen Vorerkrankungen eine größere Rolle.
- 60 Prozent der Patienten auf der Normalstation sind geimpft. Gründe dafür sind Zufallsfunde, weil alle Patienten auf Covid-19 getestet werden, sowie Überweisungen aus anderen Kliniken.
- Impfen bleibt die beste Maßnahme gegen Covid-19, weil man seltener erkrankt und es bei einer Erkrankung weniger Gefahr für einen schweren Verlauf gibt.
Um diese Aussage geht es (Box ausklappen)
"Von unseren 18 Intensivpatienten sind acht Geimpfte. Und auf der Normalstation ist es sogar ein größerer Anteil Geimpfte als Nichtgeimpfte. Das heißt: Auch die Geimpften stellen [...] eine nicht unerhebliche Gefahr dar. Insofern muss man über 2G und 3G nochmal nachdenken."
Das sagte Professor Christoph Josten, medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig, im Rahmen eines dreistündigen Treffens von Vertretern aus Politik, Medizin, Wissenschaft und Gesellschaft zur Corona-Pandemie in Sachsen (die gesamte Veranstaltung zum Nachsehen auf Facebook).
Professor Josten ist am Freitag sofort zu einem Interview bereit gewesen. Denn natürlich hat er auch mitbekommen, dass seine Aussage im Internet unter Corona-Leugnern kursiert – angeblich als Beweis dafür, dass die Impfungen wirkungslos seien. Seine erste Reaktion: "Ich war erschrocken." Josten stellt klar:
Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass auch geimpfte Patienten in die Krankenhäuser kommen. Was aber in keiner Weise fehlinterpretiert werden darf, dass ich damit die Wirksamkeit der Impfung in Frage stelle. Auf gar keinen Fall.
Geimpfte Intensivpatienten haben oft Vorerkrankungen, Ungeimpfte meist nicht
Josten ist tatsächlich ein glühender Impfbefürworter. Was Ungeimpften droht, sehe er jeden Tag auf der Intensivstation der Uniklinik. Zuletzt seien 75 Prozent der Patienten auf der Intensivstation nicht geimpft gewesen. "Bei den Ungeimpften ist es in der Regel immer die Covid-Erkrankung, die das gesamte schwere Krankheitsbild ausmacht. Das können wir ganz klar festhalten", sagt Josten. Eindeutiges Anzeichen dafür sei "das typische Covid-Krankheitsbild", sprich: Lungen- und Herzerkrankungen.
Aber trotzdem: Ein Viertel aller Covid-Patienten auf der Intensivstation sind demnach geimpft. Josten erklärt: "Bei den Geimpften sind es in der Regel Patienten mit einer schweren Grunderkrankung." Die Covid-Infektion komme dann hinzu und verstärke die Symptome. "Da ist es oft schwer, zu entscheiden, ob es jetzt die Covid-Erkrankung ist, die die Schwere der Infektion ausmacht."
Mehr Geimpfte als Ungeimpfte kein Beleg für Unwirksamkeit der Impfung
Auf der Normalstation, wo also Corona-Patienten mit milderen Verläufen behandelt werden, soll es nach Jostens Aussage in dem Corona-Treffen jedoch sogar mehr geimpfte Patienten geben als Ungeimpfte. Beweist das nicht, dass die Impfung weniger wirkt? Jostens klare Antwort im Interview: "Nein. Das ist jetzt eben durch die Welle bedingt. Statistisch werden nicht mehr krank. Ich glaube nicht, dass sich an der Wirksamkeit der Impfung etwas geändert hat."
Das Uniklinikum ist auch Zentrum für Covid-Erkrankungen, es werden also auch Patienten aus anderen Krankenhäusern überwiesen. Außerdem werden alle Patienten auf allen Stationen auf Covid getestet.
Asymptomatische Fälle finden sich deshalb bei Patienten mit Knochenbrüchen, auch wenn er gar nicht wegen Covid-19 behandelt wird. Professor Josten glaubt deshalb, "dass das, was wir hier am Universitätsklinikum haben, nicht auf die Gesamtsituation in der Bevölkerung übertragen werden kann."
Impfung bleibt beste Maßnahme gegen Covid-19
60 Prozent Geimpfte auf der Normalstation heißt also nicht, das 60 Prozent der Impfungen nicht wirken. Für Josten ist die Impfung weiterhin der Schlüssel, um die Corona-Pandemie zu besiegen.
Impfen stellt die wichtigste Maßnahme dar, nicht krank zu werden, und wenn man erkrankt, einen deutlich milderen Krankheitsverlauf zu erleben.
Und genau das belegen die Zahlen der Uniklinik.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. November 2021 | 08:22 Uhr