Astronomie Jenaer Spezialisten restaurieren historisches Großteleskop
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Das Jenaer Unternehmen "Firma 4H-Jena Engineering" hat einen besonderen Auftrag. Ein 1908 errichtetes Großteleskop aus Prag wird restauriert. Es ist die erste gründliche Aufarbeitung nach mehr als 100 Jahren.

Das größte Teleskop der Štefánik-Sternwarte in Prag geht in Kur. Seit fast 100 Jahren stand es im Observatorium auf dem Laurenziberg in Diensten. Nach der Demontage Anfang April wird der Zeiss-Doppelrefraktor nun in Jena generalüberholt.
Generalüberholung in Jena dauert wohl ein Jahr
Bis zur Rückkehr an die Moldau wird wohl noch ein Jahr vergehen. Das riesige Linsenteleskop hatten Zeissianer 1908 auf kaiserliche Bestellung nach Wien geliefert. 20 Jahre später kam es ins neue Observatorium auf dem Laurenziberg in Prag. Nun ist es nach Jena zurückgekehrt - zur ersten gründlichen Inspektion nach über 110 Jahren.
Kein Teleskop gleicht dem anderen. Das macht halt Spaß.
Beauftragt damit ist die Firma 4H-Jena Engineering. Ehemalige Zeissianer hatten sie 1991 gegründet. Es ist kein typischer Produktionsbetrieb, entwickelt und gefertigt wird auf Kundenwunsch. Eine Spezialität der 34 Mitarbeiter in Jena ist das Restaurieren und Modernisieren von astronomischen Geräten aus dem Hause Zeiss.
Dafür haben sie eine 1.200 Quadratmeter große Halle mit Hallenkran im Zeiss-Südwerk gemietet. Platz genug, um das 5,5 Tonnen schwere und fast drei Meter hohe Teleskop komplett auseinanderzunehmen, alle Teile zu reinigen, aufzuarbeiten und dann wieder zusammenzumontieren. "Klingt nach Routine, ist es aber nicht", sagt der zuständige Bereichsleiter Jürgen Heyne. Denn kein Teleskop gleiche dem anderen. Das mache die Arbeit abwechslungsreich und interessant.
Wie bei den meisten der inzwischen fast zwei Dutzend restaurierten astronomischen Großgeräte fanden sich auch für das Teleskop aus Prag kaum Unterlagen oder technische Baupläne. Hier zählt allein die Erfahrung. Einen ersten Überblick haben sich die Ingenieure und Mechaniker schon verschafft.
In den nächsten Tagen wollen sie das genaue Vorgehen noch einmal mit Vertretern der Prager Sternwarte besprechen. Dabei soll auch geklärt werden, ob der Doppelrefraktor wieder seine alte Funktionalität zurückbekommt. Denn die beiden exakt parallel ausgerichteten Fernrohre ermöglichen das Beobachten auf der einen und das Fotografieren auf der anderen Seite.
Dresdner Teleskop von 1913 nun per Computer steuerbar
Doch den urspünglich dafür zuständigen Astrograph, eine Plattenkamera, gibt es nicht mehr. Wie sich die Spezialisten aus Jena in einem solchen Fall zu helfen wissen, zeigt das daneben stehende Teleskop, das noch eine Nummer größer ist und schon wieder in alter Schönheit hellblau strahlt. Entwickelt und gebaut hat es 1913 der Dresdner Maschinenbauer Heide. Heute ist es in Besitz der Technischen Universität Dresden. Ein Vorführinstrument für Studenten, das jetzt nicht nur manuell, sondern auch per Computer steuerbar sei, erklärt Jürgen Heyne.
Ein aufgesetzter Elektromotor, zusätzlich eingebaute Getriebe und die entsprechende Elektronik machen es möglich. Auch eine moderne Kamera lässt sich nun anschließen. Der anspruchsvolle Auftrag aus Dresden sei zur vollen Zufriedenheit erfüllt, freut sich Bereichsleiter Heyne. Zu den bisherigen Kunden gehören außerdem Wolfgang Porsche, das Deutsche Museum in München und die Manfred-von-Ardenne-Sternwarte in Dresden.
Drei Jahre lang verrostetes Riesenteleskop aufgearbeitet
Besonders herausfordernd, erinnert sich Jürgen Heyne, sei die Restaurierung des stark verrosteten großen Doppelrefraktors des Astrophysikalischen Instituts Potsdam gewesen. Drei Jahre lang hatte das Riesenteleskop die Spezialisten aus Jena in Atem gehalten. Seit 2006 steht das viertgrößte Linsenfernrohr der Welt, Baujahr 1899, wieder voll verwendungsfähig in seiner alten Kuppel auf dem Potsdamer Telegrafenberg.
Wir versuchen den Zustand des Gerätes von 1908 so weit wie möglich wieder nachzuempfinden.
So lange werde es wohl nicht dauern, um den Refraktor aus Prag wieder weitestgehend in den Auslieferungszustand des Jahres 1908 zurückzuversetzen, vermutet Heyne. Doch auch dieser Auftrag sei anspruchsvoll. Nicht nur die Patina aus Staub und Schmutz müsse verschwinden, auch An- und Einbauten früherer Jahre. Alle Teile, die strahlbar sind, gehen zum Sandstrahlen, dann grundieren, spachteln und frisch lackieren. Das alles kostet Zeit und Geld.
Mit 200.000 Euro Restaurierungskosten rechnen die Jenaer vorerst. Extrawünsche des Kunden sind da noch nicht eingepreist.
Linsenteleskop (Refraktor) oder Spiegelteleskop?
Ein Linsenteleskop (Refraktor) hat keine Bauteile in seinem Strahlengang. Es liefert deshalb kontrastreichere Bilder als ein Spiegelteleskop. Somit können helle Objekte wie Mond und Planeten besser beobachtet werden. Nachteil ist, dass Glaslinsen durch die Brechung des Lichtes Farbfehler erzeugen. Je besser die Vergrößerung ist, desto deutlicher werden die Farbfehler. Teure Optiken können das korrigieren.
Spiegelteleskope haben keine Farbfehler. Das Licht wird reflektiert und nicht gebrochen.
www.sternsucher.com
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15. Mai 2022 | 19:00 Uhr
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