Gesundheit Richtige Ernährung bei Krebserkrankungen
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Ernährungsberaterin Christine Reudelsterz im Interview
Krebs ist eine lebensbedrohliche Krankheit. Die Therapien sind kräftezehrend. Richtige Ernährung kann helfen, den Körper zu stabilisieren und damit die Lebensqualität entscheidend zu verbessern. Doch was heißt in diesem Fall „richtig essen"? Christine Reudelsterz ist Fachfrau für die Ernährungsberatung in der Krebstherapie.

Die richtigen Lebensmittel können helfen
Bei Krebserkrankungen kann eine richtige Ernährung, dem Körper helfen, sich ins Gleichgewicht zu bringen.
Ernährungsberaterin Christine Reudelsterz erklärt im Gespräch, auf was Krebspatienten bei ihrer Ernährung achten sollten.
Gibt es eine generelle Ernährungsempfehlung für alle Krebspatienten?
Christine Reudelsterz: Nein. Krebserkrankungen sind vollkommen verschieden. Welches Organ ist erkrankt? In welcher Form? Welcher Therapieweg wird eingeschlagen? Wie entwickelt sich der Patient während der Therapie.
Grundsätzlich unterscheiden wir in Ernährung vor der Erkrankung, Ernährung während der Erkrankung und Ernährung nach der Erkrankung – je nachdem gibt es andere Ziele und Beratungselemente für diese Patienten.
Ernährung vor der Erkrankung –das betrifft praktisch jeden?
Damit ist die Primärprävention gemeint, also wie sollte die Ernährung aussehen, damit das Risiko für eine Krebserkrankung reduziert wird? Ein Beispiel: häufiger Verzehr von rotem Fleisch kann das Risiko für Darmkrebs erhöhen. Empfohlen wird vollwertige Kost, die anhand der 10 Regeln der DGE, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung durchgeführt werden kann. Ein so genanntes „gesundes“ Gewicht ist erstrebenswert. Sprich, auch starkes Übergewicht ist natürlich ein Risikofaktor.
Während einer Krebserkrankung sieht die Ernährung anders aus?
Hier soll der Ernährungszustand stabil gehalten werden, damit die anstrengende antitumoröse Therapie adäquat und erfolgreich durchgeführt werden kann. Ziel ist es zum Beispiel eine Gewichtsabnahme zu vermeiden, da die Gefahr besteht, dass wertvolle Muskelmasse abgenommen wird. Die vollwertige Kost wird je nach Verträglichkeit abgewandelt – z.B. statt rohem Gemüse wird Gemüse nun besser gekocht oder gedünstet.
Je nach Gefahr der Gewichtsabnahme wird auch Wunschkost empfohlen. Falls Fleisch während der Chemotherapie geschmacklich nicht toleriert wird, sollen andere wichtige Proteinquellen eingesetzt werden wie Milchprodukte, Nüsse etc.
Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass Krebs nicht gleich Krebs ist – die Ernährungsbedürfnisse einer Patientin mit Brustkrebs, deren Magen Darmtrakt voll funktionsfähig ist, sind anders als bei Patienten, deren Krebs sich im Verdauungstrakt befindet und je nachdem noch operiert wurden. Patienten mit Krebs im Verdauungstrakt leiden oft unter starker Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme und haben in Studien ein hohes Risiko für Mangelernährung.
Es gibt keine Tipps und Tricks, die für alle Krebspatienten gelten. Individuelle Ernährungsberatung und -therapie zeigt in Studien gute Ergebnisse. Indem der Ernährungszustand erhalten oder verbessert wird, werden die Nebenwirkungen der antitumorösen Therapie verringert und ggf. dadurch ein verlängertes Überleben erreicht.
Wer kann dem Patienten aber sagen, was nun für ihn der richtige Ernährungsweg ist?
Eine fundierte und kontinuierliche Ernährungsberatung. Der Begriff aber ist in Deutschland nicht geschützt. Wie soll also der Verbraucher erkennen, wer seriös ist oder nicht? Es gibt Zertifizierungen der einzelnen Berufsverbände (Diätassistenten*Innen, Oecotrophologen*Innen), die dann auch eine Erstattung der Kosten der Ernährungsberatung nach SGB5, § 43 von den Krankenkassen ermöglicht. Die Zertifizierung beinhaltet die Durchführung der Beratung anhand der wissenschaftlichen geltenden Leitlinien und kein Produktverkauf.
Einzelne Lebensmittel wie Kurkuma haben leider bis dato keine gute Beweislage und manche Tipps wie Aprikosenkerne haben schon zu Todesfällen geführt – also Vorsicht! Ebenso mit Tabletten von hochdosierten Vitaminen und Spurenelementen. Es besteht die Gefahr von einer Beeinträchtigung der Chemotherapie.
Der „neue“ Hype Fasten während der Chemotherapie hat leider noch zu wenige Studien, um dies empfehlen zu können. Das Risiko einer Nährstofflücke, Gewichtsabnahme und somit eines gegebenenfalls schlechten Outcomes ist nicht auszuschließen. Ebenso gilt dies für die sogenannte „ketogene“ Diät – also zuckerfreie Ernährung. Die deutsche Krebsgesellschaft hält fest, dass es zur Zeit noch keine Studienlage für solch eine Diät - die übrigens nicht einfach durchzuführen und geschmacklich nicht immer tolerabel ist - gibt.
Gibt es nach der Therapie weitere Empfehlungen?
Ernährung nach der Erkrankung bei gesundeten Patienten ist darauf ausgerichtet das Wiedererkranken zu reduzieren. Hier wird ebenfalls eine vollwertige Kost empfohlen. Ziel ist ebenfalls das Erreichen eines „gesunden Gewichtes“ und regelmäßige körperliche Aktivität.
MDR um 4 sprach mit Diplom Oecotrophologin und Ernährungsberaterin Christine Reudelstertz.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 21. September 2020 | 17:00 Uhr