Boxen | WM im Halbschwergewicht Krasniqi vs. Bösel: Gelöster Champ gegen grübelnden Herausforderer
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Wieder ein Rematch. Wie so häufig im Boxen kommt es nach eher unerwarteten Ergebnissen zu einer Neuauflage des Duells. So nun auch beim erneuten Aufeinandertreffen von Robin Krasniqi und Dominic Bösel. Der Kampfabend in Magdeburg hat neben dem WM-Kampf noch mehr zu bieten. Alle Infos zum großen Fight, den anderen Kämpfen und wo sie am Samstagabend mit allen Infos versorgt werden, gibt es hier.
Robin Krasniqi lebt seinen Traum. 16 Jahre hatte er auf den Moment hingearbeitet, den er sich im letzten Jahr durch den K.o.-Sieg gegen Dominic Bösel erfüllt hatte: Weltmeister im Boxen. Nun steigt der in Bayern lebende 34-Jährige mit kosovarischen Wurzeln am Samstag erstmals als Champion in den Ring. Und es geht wieder gegen Bösel - das Rematch. Oder aus Bösels Sicht: Die Revanche.
Während Krasniqi völlig gelöst erscheint, erlebt man Bösel etwas reservierter. Ihm fehlt die Leichtigkeit, er scheint zu grübeln. Denn für Bösel steht, wie er selbst sagt, fast alles auf dem Spiel. Eine erneute Niederlage und weitere Titelkämpfe wären wohl für immer außer Reichweite. "Vergeige ich es wieder, tauche ich auf der großen Box-Bühne nicht mehr auf", erklärt der Ex-Champ. Auch das Karriereende steht im Raum, schwer vorstellbar, dass sich Bösel nach dann drei WM-Kämpfen wieder hinten anstellt.
Auch Krasniqi hat etwas zu beweisen
Doch diesen Eindruck hatte man auch bei Krasniqi schon des Öfteren. Er galt lange Zeit als einer, der, wenn es drauf ankommt, seine Nerven nicht im Griff hat. 2013 gegen Nathan Cleverly und 2015 gegen Jürgen Brähmer verlor er bereits zwei WM-Kämpfe. Auch 2017 gegen Arthur Abraham oder 2019 im EM-Kampf gegen Stefan Härtel musste er sich in wichtigen Kämpfen einstimmig geschlagen geben. Dennoch hat er sich immer wieder zurückgekämpft. Bis an die Spitze.
Um dort zu bleiben, hat er sich im vergangenen Jahr nicht etwa auf seinen Lorbeeren ausgeruht, sondern weiter trainiert und auf die angenehmen Seiten des Lebens wie etwa Urlaub verzichtet. Stattdessen hat er im Gym geschuftet, um beim Rückkampf zu zeigen, dass er keine Eintagsfliege ist, sondern, dass der WM-Gewinn das logische Ergebnis von 16 Jahren harter Arbeit war. "Ich möchte mich am Samstag für dieses Jahr belohnen" erklärt Krasniqi. Zudem seien die Emotionen nach dem Sieg am 10. Oktober 2020, "das Schönste, was ich je erlebt habe. Das möchte ich wiederholen!"
Bösel hat alles auf den Kopf gestellt
Dass dies so einfach wird wie vor Jahresfrist, ist zu bezweifeln. Denn Bösel ist gewarnt, hat sich diesmal anders vorbereitet. Auch die realistische Selbsteinschätzung, bei einer weiteren Niederlage weg zu sein vom großen Box-Geschäft, lähmt ihn laut eigener Aussage nicht. Gedanken an die Zeit danach mache er sich nicht. "So tief ist das nicht in meinem Kopf drin", versichert der Freyburger.
In der Vorbereitung ist er - mal wieder - andere Wege gegangen. Bereits zum zweiten Mal trennte er sich von Trainer Dirk Dzemski. 2018 bestritt er einen Kampf unter seinem Amateur-Trainer Rainer Rauchfuß, bevor es zurück zu Dzemski ging. Nun die zweite Trennung, diesmal soll es Georg Bramowski richten. Dafür hat Bösel in der Vorbereitung einiges geändert. Statt von Magdeburg immer den strapaziösen Heimweg an die Saale anzutreten, hat er sich in der Landeshauptstadt einquartiert: "Das war dann doch zu viel, das habe ich ein bisschen unterschätzt", so Bösel.
Das Gewicht stimme bereits Tage vor dem Kampf, in der Vorbereitung gab es keinerlei Verletzungen und zudem habe er so viel Sparring gemacht, wie nie zuvor. Unter dem ehemaligen Co-Trainer von Uli Wegner soll es nun also besser klappen, als im letzten Oktober. "Er hat voll mitgezogen. Was willst du mehr als Trainer?", sagt Bramowski. Auf der Pressekonferenz am Dienstag gab er sich angriffslustig, "ärgerte" sich, dass noch nicht Samstag ist. "Wenn ich voll da bin, mich konzentriere und zusammenreiße, kann ich richtig gut boxen. Das ist wichtig. Das muss ich machen, dann gewinnen ich auch gegen Robin!"
Was sind die anderen Hauptkämpfe?
Neben dem WM-Titel steht noch zwei weitere Gürtel auf dem Spiel. Für die Titelträger Roman Fress und Peter Kadiru sind es die jeweils ersten Verteidigungen.
Fress hat eigene Messlatte hochgelegt
Cruisergewichtler Fress gewann seinen Interconti-Titel Anfang Juni auf der Seebühne im Elbauenpark durch einen krachenden K.o.-Sieg gegen den Belgier Kamel Kouaouch. Nun muss er gegen den italienischen Meister Luca D'Ortenzi ran. Der 33-Jährige aus Rom war auch schon im Schwergewicht erfolgreich und hat eine Kampfbilanz von 15 Siegen bei nur einer Niederlage. "Er zeigt Siegeswillen", erklärt Fress: "Ich bin auf den Kampf gespannt, wie er sich präsentiert und wie er mir in die Augen schauen wird." Beim Gang auf die Waage am Freitag bekam Fress erstmals einen echten Eindruck seines Gegners, der in der Weltrangliste besser platziert ist als er und den er zuvor nur in Videos gesehen hatte. Fress brachte 90,7 Kilogramm auf die Waage und lag damit genau im Cruisergewichtslimit. D'Ortenzi ist knapp ein Kilo leichter - kleiner Vorteil also für den Magdeburger.
Fress, der vom ehemaligen Weltmeister Robert Stieglitz betreut wird, ist ohne Probleme durch die Vorbereitung gekommen, fühlt sich topfit. Seine "Geheimwaffe" - den Uppercut, der zum Titelgewinn führte und auch im vorletzten Kampf die Entscheidung brachte - will er natürlich wieder versuchen unterzubringen. "Da habe ich die Messlatte hochgesetzt. Die Erwartungen an mich sind jetzt hoch. Aber der K.o. kommt von alleine", so der 27-Jährige. Geht es nach seinem Coach packt er den Aufwärtshaken nicht vor Runde vier aus. Stieglitz attestiert seinem Schützling einen "großen Schritt nach vorne in allen Bereichen".
Kadiru muss gegen seinen Vor-Vorgänger ran
In seinem zwölften Profikampf muss der Hamburger Schwergewichtler Peter Kadiru gegen Boris Estenfelder ran. Es ist das Duell des amtierenden Deutschen Meisters im Schwergewicht, gegen den Mann, der seinen Titel an Kadirus Vorgänger verlor - der Vor-Vorgänger quasi. "Es wird keine einfache Aufgabe. Er ist ein erfahrener Mann, eine ordentliche Kante. Ich habe mich aber gut auf ihn vorbereitet", sagt Kadiru, der ein "stolzer Titelträger" ist. Er selbst sieht sich noch immer im Aufbau, zählt mit 24 Jahren noch eher zu den Jüngeren im Schwergewicht. Die DM ist nur ein weiterer Schritt in der Karriereplanung von Kadiru und seinem Coach Christian Morales. Als nächstes soll dann eine Europameisterschaft folgen und dann irgendwann eine WM. "Ich würde gerne Weltmeister werden, bevor ich 30 bin" erklärt er selbstbewusst.
Estenfelder ist mit 34 Jahren zehn Jahre älter als sein Gegner und hat auch nicht die Amateur-Erfahrung. Dennoch geht er optimistisch in den Kampf - trotz nur fünfwöchiger Vorbereitungszeit. "Ich hatte eine qualitativ hochwertige Vorbereitung. Ich habe jede Minute der letzten Wochen genutzt und sehr gute Sparringpartner gehabt. Ich hoffe jetzt, dass ich meinen Marschplan durchsetzen kann", so der Frankfurter. Dennoch bleibt er in diesem Duell der klare Außenseiter.
Weitere Infos zum Kampfabend
Wer boxt noch?
Es wird gleich drei Debüts geben. Aus dem Hamburger SES-Lager kämpfen Mittelgewichtler Max Suske und Schwergewichtler Viktor Jurk zum ersten Mal bei den Profis. Auch der Olympiafünfte Ammar Rias Abduljabbar wird sich nun bei den Profis versuchen. Ihre Kontrahenten (siehe Tabelle am Ende) gehören ganz klar in die Kategorie Aufbaugegner und sollten keine großen Probleme darstellen.
Welche Kämpfe kann ich live sehen?
Im Livestream gibt es die drei Titelkämpfe des Abends zu sehen. Die Übertragung bei sportschau.de beginnt um 20.50 Uhr. Ab 23.40 Uhr ist der Hauptkampf dann auch im Ersten im TV zu sehen.
Wo kann ich alle Kämpfe verfolgen?
Alle Infos zu den Kämpfen und jedes Ergebnis können am Samstag ab 19 Uhr im Live-Ticker in der "Sport im Osten"-App nachgelesen werden.
Blaue Ecke | Gewichtsklasse | Rote Ecke |
---|---|---|
Max Suske
Stralsund Debüt |
Mittelgewicht
(72,574 kg) 4 Runden |
Richard Walter
Tschechien 9 Siege (8 K.o.) - 20 Niederlagen - 1 Unentschieden |
Ammar Rias Abduljabbar
Hamburg Debüt |
Cruisergewicht
(90,718 kg) 6 Runden |
Sviatoslav Svyryd
Ukraine 5 (4) - 3 - 0 |
Julian Vogel
Aschersleben 4 (3) - 0 - 0 |
Weltergewicht
(66,678 kg) 4 Runden |
Bakhtiyar Isgandarzada
Aserbaidschan 18 (14) - 32 - 2 |
Viktor Jurk
Flensburg Debüt |
Schwergewicht
(über 90,718 kg) 4 Runden |
Zoltan Csala
Ungarn 12 (10) - 25 - 0 |
Umut Camkiran
Stuttgart 15 (14) - 0 - 0 |
Schwergewicht
(über 90,718 kg) 6 Runden |
Dorde Tomic
Bosnien-Herzegowina 3 (1) - 3 - 0 |
Roman Fress
Magdeburg 13 (8) - 0 - 0 |
WBO-Interconti-Meisterschaft
Cruisergewicht (90,718 kg) 10 Runden |
Luca D'Ortenzi
Italien 15 (4) - 1 - 0 |
Peter Kadiru
Hamburg 11 (6) - 0 - 0 |
Deutsche Meisterschaft
Schwergewicht (über 90,718 kg) 10 Runden |
Boris Estenfelder
Frankfurt 11 (7) - 2 - 1 |
Robin Krasniqi
Gersthofen 51 (19) - 6 - 0 |
Weltmeisterschaft
Halbschwergewicht (79,378 kg) 12 Runden |
Dominic Bösel
Freyburg 31 (12) - 2 - 0 |
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 09. Oktober 2021 | 23:40 Uhr
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