Boxen | Jubiläum Kulttrainer Ulli Wegner wird 80 – "Ich bin der Bestimmer"
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Ulli Wegner hat das deutsche Boxen groß gemacht. Er ist mindestens so bekannt wie seine Boxer. Heute wird er 80 – doch gefeiert wird ziemlich klein.

Seinen 70. Geburtstag feierte Ulli Wegner noch mit 600 Gästen. Zehn Jahre später fällt die Party zum 80. Ehrentag kleiner aus. "Den wollen wir mal ziemlich klein feiern. Ich habe keine großen Einladungen gemacht - nur zwei, drei Freunde", sagt Wegner, der momentan nicht so kann, wie er möchte. "Ich kann ja nur an Krücken laufen", schimpft Wegner, der 1942 in Stettin geboren wurde.
Wegner - "Boxen war mein Lebensexil"
Wegner lebte über 50 Jahre für den Boxsport. "Das war mein Lebensexil, mein Traumberuf", sagt er kurz vor seinem Ehrentag. Er brachte über ein halbes Dutzend Weltmeister hervor, war zehn Jahre in Folge "Trainer des Jahres". Wegner, einer der sich immer wieder durchboxt. Auch jetzt. Nach einem komplizierten Bruch im rechten Bein, den er sich bei einem Sturz in der Silvesternacht zu zog, musste der Berliner wieder laufen lernen. "Im Alter muss man es ruhiger angehen lassen", seufzt er. "Aber ich bin gut trainiert. Die Reha hat mir gut getan. Ich habe ein bisschen Gewicht verloren."
Wegners ehemaliger Schützling Sven Ottke sorgt sich um seinen Coach. "Ich telefoniere regelmäßig mit ihm. Ansporn braucht jeder", sagt der frühere Weltmeister. Dabei greift der 54-Jährige auch in Wegners Trickkiste. "Ich mach's, wie er es damals mit uns gemacht hat. Er braucht Druck", verrät der einstige IBF- und WBA-Champion im Supermittelgewicht und freut sich schelmisch.
Herausragender Boxtrainer
Wegner, der eigentlich Fußballer werden wollte, ist eine Institution im deutschen Boxen. Neben Ottke hat er Markus Beyer, Arthur Abraham, Marco Huck und Yoan Pablo Hernandez zu Weltmeistern gemacht. Der diplomierte DDR-Sportlehrer war neben dem 2014 verstorbenen Fritz Sdunek, der Dariusz Michalczewski und die Klitschko-Brüder betreute, Deutschlands herausragender Boxtrainer. Erst Bundestrainer bei den Amateuren, dann Chefcoach bei den Sauerland-Profis. Lohn sind WM-Titel, das Bundesverdienstkreuz am Band, die Goldene Henne, die Ehrenbürgerschaft von Gera und sein Name an der Sporthalle Usedom.
Im Leistungssport ist kein Platz für Demokratie. Ich bin der Bestimmer
Wegner - der Bestimmer
Als Trainer war Wegner ein Schlitzohr und unumstrittener Chef. Widerspruch hat er nicht geduldet. "Ich weiß, was gut für die Jungs ist", lautet seine Maxime. "Mir macht keiner was vor." Wer Weltmeister werden wollte, der musste die Klappe halten. "Im Leistungssport ist kein Platz für Demokratie. Ich bin der Bestimmer", betont der gelernte Traktoren- und Landmaschinenschlosser. Diktator und General, so wurde Wegner deshalb genannt. "Vielleicht bin ich ja auch sehr unangenehm", meint er. "Aber ich empfinde das nicht so".
Jämmerlicher Abschluss
Es waren bewegte Jahre, in denen Wegner immer wieder hoffnungsvolle Talente formte - bis seine Karriere beim ruhmreichen Sauerland-Boxstall 2019 plötzlich endete. Die Kündigung beschäftigt ihn noch heute. So habe er mit der Promoter-Legende Wilfried Sauerland "nicht nur ein geschäftliches, sondern auch ein freundschaftliches Verhältnis" gehabt, und er wäre auch gesprächsbereit gewesen. Aber wie die Trennung letztendlich ablief - eine Sekretärin überreichte ihm das Kündigungsschreiben - findet er "zum Abschluss einer 23-jährigen Zusammenarbeit ganz jämmerlich".
Ob er grundsätzlich nochmal in die Trainingshalle zurückkehren würde, vermag Wegner heute nicht zu sagen. Es würde ihn, sagt er, "persönlich schon reizen", und es gebe auch trotz der Armut an deutschen Stars "genauso viele Talente wie vor 30, 40, 50 oder 60 Jahren". Aber er fühlt sich auch zu Hause bei seiner Frau Margret ganz wohl: "Um ehrlich zu sein: Ich möchte sie nicht mehr so viel alleine lassen."
red/dpa/sid
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 26. April 2022 | 19:30 Uhr
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